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Gericht: Zeuge wurde getäuscht

Rückschlag für die Anklage im Prozeß um den Anschlag auf die Diskothek „La Belle“. Aussage darf nicht verwertet werden. Musbah Eter hatte Libyen beschuldigt  ■ Aus Berlin Wolfgang Gast

Die Anklage im Prozeß um den Bombenanschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle“ im Frühjahr 1986 droht zusammenzubrechen. Die 39. Große Strafkammer beim Berliner Landgericht bezeichnete gestern die Aussagen des Hauptbelastungszeugen Musbah Eter als „nicht verwertbar“. Dem Zeugen sei bei seinen Vernehmungen unzulässigerweise eine Strafmilderung in Aussicht gestellt worden, erklärte der Vorsitzende Richter Peter Marhofer. Die Staatsanwaltschaft habe den Zeugen „getäuscht“, Eter habe unter falschen Voraussetzungen ein Geständnis abgelegt.

Der Beschluß der Strafkammer ist eine herbe Schlappe für die Berliner Anklagebehörde. Eter, der vom Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis am 10. September 1996 in der deutschen Botschaft auf Malta vernommen wurde, hatte in seinen Aussagen Libyen als den Drahtzieher des Anschlages auf die Diskothek beschuldigt, bei dem drei Menschen getötet und 230 zum Teil schwer verletzt wurden. Als Vergeltungsakt ließ die amerikanische Regierung nur wenige Tage später militärische Einrichtungen und Palastanlagen des Revolutionsführers Muammar Gaddafi in Libyen bombardieren.

Im Rahmen seiner Vernehmung vor Gericht hatte Eter seine Aussagen widerrufen und sich zum Opfer einer Geheimdienstintrige stilisiert. Für die Anklagebehörde rückten damit Eters Aussagen auf Malta sowie ihr Zustandekommen in den Mittelpunkt. Damit ist es nun vorbei. Das Gericht führte gestern aus, Oberstaatsanwalt Mehlis habe bei der Vernehmung Eters den irrigen Eindruck erweckt, ein Geständnis würde sich „mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich strafmildernd auswirken“. Eter habe sich daraufhin in einem „durch eine Täuschung hervorgerufenen Irrtum“ zu einem Geständnis entschlossen. Er habe mit seiner Familie dauerhaft in der Bundesrepublik leben wollen und dabei darauf vertraut, von einem deutschen Gericht höchstens zu einer Zeitstrafe verurteilt zu werden. Das Gericht geht aber von einer möglichen Tatbeteiligung Eters an dem Sprengstoffattentat aus – und darauf steht lebenslänglich.

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