Kommentar
: Schäbiges Spiel

■ Die Festnahme Kleins paßt in die CDU-Wahlkampfstrategie

Wie wundersam fügen sich doch die Abläufe um die Festnahme des Ex-Terroristen Hans-Joachim Klein. Fast möchte man die einst gehegten und mühsam widerlegten Vorstellungen vom monolithischen staatlichen Unterdrückungsapparat aus der Mottenkiste holen. Kleins Festnahme drei Wochen vor der Bundestagswahl kommt für die CDU gerade noch rechtzeitig, um ihn als Kronzeugen gegen Joschka Fischer ins Feld zu führen. Aufklärung verlangt sie, denunzieren will sie. Die terroristischen Wurzeln der Grünen – das ist der Stoff, mit dem man Wähler mobilisiert.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft und das Bundeskriminalamt (BKA) als Wahlhelfer der CDU, das ist eine kaum glaubbare Vorstellung. Doch zumindest stellt sich die Frage, ob die Festnahme Kleins zu diesem Zeitpunkt erfolgen mußte. Der Anwalt Kleins will den zuständigen Staatsanwalt von der bevorstehenden freiwilligen Rückkehr unterrichtet haben. Das bestreitet dieser. Was er nicht bestreitet, ist die Absicht Kleins. Er habe daran Zweifel gehabt. Was hat der Staatsanwalt getan, die Zweifel auszuräumen? Nichts. Er suchte nicht das Gespräch mit dem Anwalt, bevor die Zielfahnder zugriffen. Das wäre möglich gewesen, ohne den Fahndungserfolg zu gefährden. Er kontaktierte nicht das Bundesamt für Verfassungsschutz, obwohl Klein mit dem zuständigen Verfassungsschützer Benz bereits zweimal über einen Ausstieg verhandelt hatte.

Benz meint, er hätte die Festnahme verhindert. Vielleicht war es das, was der Staatsanwalt verhindern wollte. Vielleicht wollte er den Fahndungserfolg um jeden Preis. Womöglich gehört zu diesem Preis, daß der Anwalt bei seinen Treffen mit Klein von Zielfahndern observiert wurde. Doppeltes Spiel nennt man so etwas – mit einem schäbigen Ergebnis.

Bundesinnenminister Kanther freut sich über einen erneuten Sieg über den Terrorismus. Der wurde in der Person Klein allerdings gar nicht getroffen, denn Klein hatte sich schon lange losgesagt. Gesiegt hat lediglich die harte BKA-Linie der Fahndung um jeden Preis gegen die weiche des Aussteigerprogramms des Verfassungsschutzes. Klein hat sich schon vor über zwanzig Jahren offensiv gegen den Terrorismus gewandt. Bei ihm verliert eine Strafe ihren Sinn. Sollte er verurteilt werden, hätte er Gnade verdient. Bereits jetzt verdient er Unterstützung.

Dieter Rulff Bericht Seite 4