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Gipfeltreffen zweier Theokraten

■ Irans Präsident und der Papst wollen enger kooperieren

Rom (taz) – Knapp eine halbe Stunde sprachen sie miteinander, Irans Staatspräsident Mohammad Chatami und Papst Johannes Paul II., danach waren sie einig: Die Zusammenkunft war „ein wichtiges, vielversprechendes Treffen“, so der Heilige Vater nach der Visite. Und Chatami ersuchte den römischen Oberhirten gar: „Betet bitte auch für mich.“ Alles in allem: „Möge die Ethik gewinnen, die Moral, der Friede und die Versöhnung.“

Worüber sich die beiden Theokraten sonst noch unterhalten haben, blieb geheim – ob etwa die Empfängnisverhütung dabei war, die im Iran erlaubt ist. Angekündigt war allerdings, daß Johannes Paul II. eindringlich für die Abschaffung der Todesstrafe plädieren wollte. Kardinalstaatssekretär Sodano vereinbarte mit den Iranern vermehrte Konsultationen.

Der Papst aus Polen hat zum Iran seit je ein gutes Verhältnis gepflegt: Als der Schah 1979 stürzte, gerade ein Jahr nach der Wahl Wojtylas zum Oberhaupt der Katholiken, und der Iran zu altangestammten religiösen Werten zurückzukehren begann, beobachtete er dies mit unverhohlener Sympathie. Erst als sich die Mullahs immer mehr einigelten und umgekehrt der Papst gemeinsam mit US-Präsident Reagan die Verteidigung des christlichen Abendlandes auf sein Banner geschrieben hatte, kam es zu einer Abkühlung des Verhältnisses. Seit dem Tod von Revolutionsführer Ajatollah Chomeini wurden die katholisch-iranischen Kanäle weiter ausgebaut.

Für die Visite Chatamis im Vatikan hatten Hunderte von Polizisten den Petersplatz abgesperrt und dabei auch die rund tausend Dissidenten des iranischen Regimes genarrt: Die hatten die Zufahrt entweder durch die zentral gelegene Via della Conciliazione, wie weiland Präsident Clinton, oder vom Tiber her, wie Fidel Castro, erwartet. Statt dessen zwängte sich der präsidiale Konvoi an den vatikanischen Mauern entlang und fuhr vom Norden her ein – und verschwand ebenso wieder um die Ecke, ehe die Protestler ihre Slogans schreien konnten.

Nach dem Besuch beim geistlichen Führer begab sich Chatami, Geschäft muß schließlich sein, zu einem Treffen mit Industriellen und Vertretern der Handelsverbände, das von Italiens Außenminister Lamberto Dini moderiert wurde. Werner Raith

Kommentar Seite 12

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