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Weniger Fälle, aber mehr Verluste

■ Anlagebetrug: Im letzten Jahr florierten vor allem risikoreiche Geschäfte mit hohem Kapitaleinsatz. Auch die Geschäfte mit angeblichen Bankgarantien nehmen kein Ende

Die gute Nachricht: „Die Zahl betrogener Geldanleger ist im vergangenen Jahr in Deutschland stark zurückgegangen“, meldet die Gesellschaft für Bankpublizität. Nach Ermittlungen des Bundeskriminalamtes seien die erfassten Beteiligungs- und Kapitalanlagebetrugsdelikte 1998 gegenüber 1997 um fast 55 Prozent auf 15.401 gesunken. Schlechte Nachricht: „Die durchschnittliche Schadenshöhe kletterte um weit mehr als das Doppelte von 27.570 Mark auf 68.629 Mark.“ Zudem wird eine hohe Dunkelziffer vermutet, die sich aber naturgemäß der Statistik entzieht. Zweite gute Nachricht: Die Polizei konnte alle angezeigten Anlagebetrugsdelikte aufdecken. Dazu die schlechte: Die meisten Betrogenen sahen dennoch ihr Geld nie wieder – es ist aber nicht weg, es hat nur ein anderer.

Den Grund für den Rückgang der Delikte sieht man hauptsächlich darin, dass 1997 noch „die Fälle vieler Kleinanleger, die auf Schneeballsysteme hereingefallen waren, verfolgt wurden“. Dadurch sei statistisch die Schadenshäufigkeit hochgeschnellt, während „aufgrund der geringen eingesetzten Summen der Schaden pro Fall sank“. Insgesamt lag die Summe der gemeldeten Schäden bei 0,9 Milliarden Mark, verteilt auf 33.790 Fälle. Hingegen hätten 1998 die Geschäfte mit so genannten Bankgarantien floriert, ebenso dubiose Termingeschäfte und Immobilienspekulationen – risikoreiche Unterfangen also mit hohem Kapitaleinsatz, was sich aber nur wenige leisten können. Schaden: 1 Milliarde Mark bei 15.401 gemeldeten Fällen.

Die Gesellschaft für Bankpublizität nennt als „deutliche Warnsignale“ für waghalsige Geschäfte beispielsweise wettbewerbsrechtlich unzulässige erste Kundenkontakte per Telefon: Nicht darauf einlassen! Auch das Versprechen astronomischer Renditen verleite zu unbedachten Entscheidungen: Seriöse Anlagen bringen derzeit etwa fünf Prozent Zinsen, höhere Zinsen potenzieren das Risiko.

Nur uninformierte Anleger fallen demgegenüber auf das Versprechen von Bankgarantien als vermeintlich hochrentable Kapitalanlage ohne Risiko herein, da als Sicherheit für die Einlage bei Kreditinstituten Wertpapiere deponiert würden. Gehe etwas schief, könne ersatzweise immer noch die ausgegebene Bankgarantie auf einem „zweiten Kapitalmarkt“ verkauft werden, wird versprochen. Nur: Keine Bank garantiert spekulative Anlagerenditen, die „Bankgarantien“ gibt es nicht.

Hohe Provisionsforderungen der Vermittler sprächen eher dafür, dass jemand mehr „den eigenen Gewinn als den Kunden im Sinn“ habe. Wird die Provision falsch ausgewiesen oder verschleiert: Finger weg!

Verfügen die Vertragspartner nur über Auslandsadressen, können Geschädigte ihre rechtlichen Ansprüche nur schwer durchsetzen: Steueroasen seien meist nur Köder für gutgläubige Sparer. Andere Betrüger setzen ihr Klientel unter Zeitdruck: Nur ein schneller Entschluss solle angeblich Spitzengewinne garantieren. Übereilte Entscheidungen führen aber meist zum Verlust des eingesetzen Kapitals. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie zur Prüfung benötigen – andernfalls: Vergessen Sie's!

Bei der Masche mit den Folgegeschäften werden beim Erstkontakt mit geringem Kapitaleinsatz stattliche Gewinne ausgeschüttet; gleichzeitig wird dem Kunden ein neues Angebot mit erheblich höherem Kapitaleinsatz unterbreitet. Die Fachleute raten, hier „spätestens nach dem ersten geglückten Kleingewinn auszusteigen“.

Und: „Anleger, die keine unerfreulichen Überraschungen erleben wollen, wenden sich direkt an eine seriöse Bank. taz

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