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Hätten wir nur auf Burger geachtet

■ Der Big-Mac-Index des Wirtschaftsmagazins „Economist“ hat den Fall des Euro schon bei seiner Einführung erstaunlich exakt vorausgesehen

Sie haben schwer daran zu schlucken, die Prognose-Abteilungen der Zentralbanken und der großen Forschungsinstitute, aber es ist wahr: Ein simpler Indikator hat die Entwicklung von Euro und Dollar mindestens so genau vorhergesehen wie Heerscharen von Volkswirten. Es ist der Big-Mac-Index des Londoner Wirtschaftsmagazins The Economist.

Schon bei der Euro-Einführung Anfang des Jahres griff die zuständige Economist-Redakteurin Pam Woodall zum Taschenrechner und verglich die Preise des McDonald's-Flaggschiffs. Von 3,36 Euro in Finnland bis herunter zu 2,19 Euro in Portugal variierten die runden Dinger in den elf Euro-Ländern. Im Schnitt waren es 2,53 Euro, damals 2,98 Dollar. „Der Euro ist klar überbewertet“, konstatierte Woodall folgerichtig – denn in den Vereinigten Staaten war ein Big Mac für 2,63 Euro zu haben, 13 Prozent weniger als in der Euro-Zone.

Das Ein-Frau-Prognose-Institut lag damit richtiger als die meisten Experten. Sie hatten ebenso wie viele aus der Europäischen Zentralbank einen stabilen Euro vorhergesagt. Statt dessen sank der Dollar von damals knapp 1,2 Dollar auf die jetzige Parität eins zu eins. „Man kann sagen, dass der Euro nun ungefähr richtig liegt“, so Woodall gestern. Genaueres will sie noch nicht verraten, denn die neueste Ausgabe des Index wird gerade erarbeitet.

Der Big-Mac-Index wurde vor 13 Jahren geschaffen. Er vergleicht die Kaufkraft in den verschiedenen Ländern auf einer gemeinsamen Basis. Der Grundpreis ist ein Durchschnitt aus vier Städten in den USA. Bei der letzten Prognose im April war der Big Mac in Malysia mit 1,19 Dollar am billigsten, ganz oben lag die Schweiz mit 3,97 Dollar. Die Währungen der beiden Länder wären also 51 Prozent bzw. 64 Prozent überbewertet.

Bei all dem Ruhm, den der Hackfleisch-Indikator eingeheimst hat, produziert er doch auch blinde Flecken auf der Weltkarte. So gibt es südlich der Sahara McDonald's-Restaurants praktisch nur in Südafrika. Ob die Menschen dieser Länder das standardisierte West-Essen nicht mögen oder aber schlicht zu arm sind – die Hamburger-Abstinenz der Region bleibt eine statistisch-volkswirtschaftliche Widerspenstigkeit. Denn wer soll nun ihre Wirtschaft exakt vorhersagen?

Hier versuchte die südafrikanische Investec-Bank dieses Jahr in die Bresche zu springen, indem sie ein anderes weit verbreitetes Nahrungsmittel indexierte – das Bier. In seiner hellen, aus Gerste gebrauten Form ist es ähnlich standardisiert wie der McDonald's-Hamburger, ob nun Star-Bräu aus Ghana oder das südafrikanische Castle. Der Gerstensaft zeigte eine 75-prozentige Überbewertung des kenianischen Schilling an. Der fiel auch prompt. Ob die Währungen dem Bier-Index auf längere Sicht folgen und dieser dem Hamburger Konkurrenz bieten kann, werden aber erst die Jahre zeigen.

Reiner Metzger, Berlin

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