: Und der Zukunft zugewandt
Krieg dem Verbrechen, Friede der ARD: Das ZDF setzt 2007 auf überraschend viel Neues – und bringt künftig für Muslime ein Online-„Wort zum Freitag“. Maybrit Illner bleibt dafür dem Donnerstag treu
AUS HAMBURG STEFFEN GRIMBERG
Beinahe hätten wir unser gutes altes ZDF nicht wiedererkannt: Mit „2030 – Aufstand der Alten“ hat es ja schon meinungsstark, relevant und auch für Menschen unter der Frühverrentungsgrenze erfolgreich gepunktet. Jetzt kommt mit „2057“ ein Zukunftsdreiteiler (siehe Interview), der ganz unbescheiden auch „in neue filmische Dimensionen des Doku-Dramas“ vordringen soll.
Dazu verkündete die Sender-Führungsriege auf ihrer Präsentation im Hamburg Arte-verdächtige Themenschwerpunkte wie „Europa“, „Deutschland und die global Welt“ oder „Gesunde Ernährung“. Geschichte findet 2007 dagegen vorwiegend im alten Rom und in China statt. Kein Hauch von Hitler, nicht mal der Name Guido Knopp fiel. Dafür gibt’s frische Krimis wie den „Kriminaldauerdienst“ oder „Lutter“ mit Joachim Król als Ruhrgebietskommissar.
Auch jenseits des Programms drängt man spürbar in die Zukunft: Bis September soll das bislang eher mickrige Angebot der ZDF-Mediathek im Internet ausgebaut sein. ZDF-eigene Produktionen sind dann per Video on Demand „nachzusehen“. Und wenn die Medienpolitik oder Privatsender etwas gegen dieses „Abruf-Fernsehen“ haben sollte? „Das ist kein Geschäftsmodell, sondern klar public service“, sagt ZDF-Chef Markus Schächter.
Entspannung auch in Richtung ARD: Man habe „bewusst darauf verzichtet“, so Schächter, „Berlin-Mitte“ und Maybrit Illner auf einen Sonntagstermin zu hieven, um aus dem Wirrwarr im Ersten Kapital zu schlagen: „Im forcierten Ausgleich mit der ARD werden wir den Ball eher ins Aus schießen, als nach vorne zu gehen.“
Im Internet hat auch ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender so seine Pläne: Die Online-Redaktion wird umorganisiert, spezielle Angebote sollen auch Gruppen erreichen, die sich im „großen“ ZDF-Programm nicht ganz so üppig wiederfinden. Einwanderer zum Beispiel. Und für Muslime gibt es demnächst, analog zur christlichen ARD-Veranstaltung, ein ZDF-„Wort zum Freitag.“ Online only, versteht sich.
Aber keine Angst, wir sind weiter beim ZDF. Denn auch mit Iris Berben wird gedreht, der neue Förster aus „Falkenau“ läuft gut, und „Der Fürst und das Mädchen“ geht in die dritte Runde. Beziehungsweise, wie Schächter unnachahmlich formulierte: „2007 wird ein Jahr der normalen Schemaqualität.“
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