: Menschenrechte ins Spiel bringen
Aktion „Fair spielt“ prangert Menschenrechtsverletzungen bei chinesischen Spielzeuglieferanten an und fordert mehr Engagement der deutschen Unternehmen
BERLIN taz ■ Hat Ihre Tochter einen Säbelzahntiger von Bullyland in ihrer Tierfigurensammlung? Oder Ihr Sohn fluoreszierende Spinnen der Marke Riethmüller? Wissen Sie, wo dieses Spielzeug herkommt? 53 Prozent aller deutschen Spielzeugimporte stammen aus chinesischen Fabriken, wo Verstöße gegen grundlegende Arbeitnehmerrechte verbreitet sind. Darauf will die Aktion „fair spielt“ auf der 58. Nürnberger Spielwaren-Messe aufmerksam machen. Gestern übergaben Vertreter des Bündnisses rund 14.000 Unterschriften an den Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie (DVSI) und den Internationalen Branchenverband ICTI. Ihre Forderung: „Bringen Sie Menschenrechte ins Spiel“.
Die Menschen in China zahlten den Preis für globalen Wettbewerb und den Run auf das billigste Schnäppchen, lautet die Kritik. „Die deutsche Spielwarenindustrie muss sich für die Durchsetzung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen in der gesamten Produktionskette einsetzen“, sagte Projektleiter Uwe Kleinert der taz. Der Aktion „fair spielt“ gehören neben dem Nürnberger Bündnis Fair Toys viele katholische Gruppen an.
Untersuchungen beispielsweise des Asia Monitor Resource Center zeigen, dass es in den meisten asiatischen Spielzeugfabriken weder Arbeitsverträge noch Kündigungsschutz gibt. Arbeitsunfälle sind an der Tagesordnung, ein Hauptgrund dafür ist Erschöpfung: Vor allem im Weihnachtsgeschäft gelten Arbeitszeiten von bis zu 16 Stunden am Tag – sieben Tage die Woche. Arbeiterinnen berichten, es sei „überhaupt nicht klar, wie die Löhne berechnet werden“. Vom gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet rund 70 Euro sehen sie oft nur ein Drittel.
Vor rund zehn Jahren entwickelte der ICTI deshalb einen Verhaltenskodex. Dieser gibt vor, dass die gesetzlichen Arbeitszeiten, die vorgeschriebenen Löhne und Gesundheitsschutznormen eingehalten werden müssen. Verboten sind „seelische und körperliche Disziplinierung“ sowie Kinder- und Zwangsarbeit.
Nachdem eine freiwillige Selbstverpflichtung wirkungslos blieb, vergibt der Verband seit drei Jahren ICTI-Zertifikate, für die sich die Betriebe einem unabhängigen Audit unterziehen müssen. Von den rund 3.700 chinesischen Spielzeugfabriken mit Exportlizenz sind allerdings bis heute erst knapp 500 zertifiziert.
Auch in der deutschen Spielwarenindustrie ist die Zertifizierung für ihre Lieferanten noch umstritten. Ende 2006 hat der DVSI eine Liste der schwarzen Schafe auf seiner Website veröffentlicht: 48 von 124 Unternehmen sperren sich dagegen, von ihren Zulieferern ICTI-Zertifikate zu verlangen, darunter Bullyland und Riethmüller (www.toy.de). Laut „fair spielt“ ist selbst diese Zahl hoch gegriffen, weil der DVSI nur die Absichten abgefragt habe. Tatsächlich könnten nur 41 Unternehmen die Zertifikate auch vorlegen (www.fair-spielt.de). Vergleicht man die Listen, bleibt es etwa beim Modellbahnbauer Märklin und dem Schwimmhilfenhersteller Friedola bislang offenbar bei Lippenbekenntnissen. Trotzdem sieht Kleinert „Bewegung“: Vor zwei Jahren hatten sich erst 17 Unternehmen am Audit beteiligt. BEATE WILLMS
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