: Schutzschilde gegen feindliche Übernahmen
Das deutsche VW-Gesetz ist keine Ausnahme. In ganz Europa sichern sich Staaten ihren Einfluss in Konzernen
BERLIN taz ■ Staatliche Sonderrechte und Sperrminoritäten innerhalb von Unternehmen sind in anderen europäischen Ländern gang und gäbe. Nur verfassen sie dafür nicht im- mer Gesetze wie im Fall Volkswagen.
Die stärksten Schutzmaßnahmen vor ausländischen Übernahmen herrschen in Frankreich. Vor zwei Jahren trat dort ein Dekret in Kraft, das zehn Schlüsselbranchen mit einem staatlichen Schutzwall umgibt. Dazu gehören etwa Rüstungskonzerne, Impfstoffhersteller, Biotechfirmen und Spielcasinos. Auch beim teilprivatisierten Energieriesen Électricité de France und der Großbank Crédit Lyonnais besitzt der französiche Staat Vetorechte.
Staatsinterventionen prägen auch die Übernahmeschlachten auf dem europäischen Energiesektor: Weil die franzöische Regierung 2006 „Non“ sagte, scheiterte die Übernahme des französischen Versorgers Suez durch den italienischen Energiekonzern Enel. In Spanien gab die Regierung erst im vergangenen Jahr ihre Sonderrechte beim Energiekonzern Endesa und dem Telefonkonzern Telefonica auf.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits vor fünf Jahren willkürlichen staatlichen Eingriffen in die Unternehmenslandschaft einen Riegel vorgeschoben. Sogenannte „Goldene Aktien“, die dem Staat Sonderrechte übertragen, gelten seitdem als Eingriff in die Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit. Zulässig sind staatliche Eingriffe nur, wenn sie duch Belange des Allgemeinwohls oder Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt sind. Seitdem erkärte der EuGH Regelungen für „Goldene Aktien“ in Portugal, Spanien, Großbritannien und Frankreich für rechtswidrig. Zuletzt sprach der EuGH der niederländischen Regierung ihre Sonderstellung bei dem Telekommunikationskonzern KPN und dem Postdienstleister TPG ab. Auch die Bundesregierung besitzt nach wie vor Vetorechte gegen die Übernahme von Unternehmen. Ohne ihre Zustimmung kann etwa der Rüstungskonzern Rheinmetall nicht ins Ausland verkauft werden. Auch die Lufthansa würde alle Start- und Landerechte verlieren, wenn die Aktienmehrheit an ausländische Investoren fiele.
TARIK AHMIA
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