Eine Umweltcharta für die Polarmeere: Kommentar von Reinhard Wolff
Knapp 50 Jahre ist es her, dass sich die internationale Staatengemeinschaft zuletzt gründlich mit der Antarktis beschäftigt hat. 1959 wurde der Antarktisvertrag unterzeichnet. Der dreht sich vor allem um die friedliche Nutzung und wissenschaftliche Erforschung des Südpolgebiets – aber Umweltfragen sind so gut wie gar nicht geregelt. Mit speziellen Umweltabkommen hat man seitdem versucht nachzubessern. Doch die meisten Umweltschützer kritisieren die bisherigen Regelungen als Flickwerk.
So wurde vor zwei Jahren bei der internationalen Antarktiskonferenz in Stockholm erstmals auch eine grundsätzliche juristische und wirtschaftliche Verantwortung für die Verursacher möglicher Umweltschäden verankert. Wie vage und zahnlos diese Regelungen sind, zeigt gerade der aktuelle Fall der „Nisshin Maru“. Hier riskieren die Regierung in Tokio und die Reederei der Walfangflotte lieber eine Ölpest – in der Hoffnung, die weitere Waljagd mit einem reparierten Fabrikschiff doch noch nicht abblasen zu müssen.
Die jetzigen internationalen Schutzvorschriften verlangen im Wesentlichen nur, dass Japan als möglicher Verursacher sein Bestes tun muss, um etwaige Schäden zu beseitigen. Würden wirklich empfindliche ökonomische Konsequenzen drohen, hätte man das Hilfsangebot durch das Greenpeace-Schiff sicher umgehend angenommen und den Havaristen aus dem gefährlichen Gebiet abschleppen lassen.
Die ökologisch empfindlichen Polregionen werden angesichts der Jagd auf sich erschöpfende Naturressourcen in der Zukunft immer mehr unter Druck geraten. Und auch der wachsende Tourismus stellt eine steigende Gefahr dar. Erst vor wenigen Wochen endete das Aufgrundlaufen eines norwegischen Kreuzfahrtschiffes in der Antarktis nur glücklicherweise mit einem geringen Ölaustritt und keiner umfassenden Ölverschmutzung.
Am 1. März beginnt das Internationale Polarjahr 2007/08. Eine passende Gelegenheit, den Kontinent, der mit 90 Prozent der gesamten Eismasse der Erde und 70 Prozent der Süßwasserreserven zentral für die Zukunft unseres Planeten sein könnte, mit einer wirksameren Umweltcharta zu schützen. Nicht nur, aber auch vor Walfängern.
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