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Berlin sucht den Aushilfsstar

Im Rathaus Tiergarten finden Castings für Lehrer statt. Vor dutzenden Schulleitern müssen die Bewerber möglichst knapp auf Fragen antworten. Als Gewinn winkt ein befristeter Vertrag. Doch die meisten suchen eine feste Anstellung

Castings, die man aus dem Fernsehen kennt, versprechen viel und halten eigentlich doch nur eins – dass die erfolgreichen Kandidaten im Rampenlicht verweilen dürfen, wenn auch für eine äußerst kurze Zeit. Solange, bis sie ihre Schuldigkeit getan haben und wieder abtreten müssen. Den Teilnehmer des Castings, das an diesem Tag im Rathaus Tiergarten stattfindet, wurden keine großen Versprechen gemacht. Vielmehr wissen sie schon, dass ihr Auftritt nur kurz sein wird: Die Laufzeit ihres eventuellen Vertrags endet genau am 10. Juli 2007 – zwei Tage vor den Sommerferien.

Die Location für das Casting ist wenig glamourös. Ein schnöder Gang in einem hässlichen öffentlichen Gebäude, zwei sich gegenüberliegende Zimmer. In dem einen sitzen Lehrer, die sich vorstellen wollen, in dem anderen sitzen Leiter von Grundschulen, die Lehrer einstellen wollen. Das Zimmer mit den Lehrern wird sich an diesem Tag dreimal füllen und leeren, insgesamt 30 Kandidaten werden sich dann vorgestellt haben. Alle bekommen bei ihrer Ankunft einen Zettel in die Hand gedrückt. Darauf stehen die Verhaltensregeln für ihren Auftritt. Zum Beispiel: Ich bitte sie, in einem Zeitrahmen von etwa 5 Minuten Aussagen zu den nachfolgenden Fragestellungen zu machen. 1. Ausbildung und Ort des Referendariats 2. Ihre zusätzlichen Qualifikationen 3. Berufserfahrung …

Wenn die Kandidaten dann dran sind, werden sie von einem netten Herren abgeholt und über den Flur geleitet. Die Runde, vor der sie vorsprechen müssen, besteht aus rund 30 Schulleitern, einigen Personalräten und Frauenvertretungen. Sie alle sitzen im Halbrund um den Bewerber und stellen Fragen.

Das hört sich ganz furchtbar an. Scheint es aber gar nicht unbedingt zu sein. Die meisten Kandidaten kommen durchaus mit einem Lächeln aus dem Saal. „Die Stimmung da drin war ganz gut.“ Marion Steiner ist zufrieden mit ihrem Vorstellungsgespräch. Die 56-Jährige hat seit zwanzig Jahren nicht unterrichtet und findet das System mit dem Casting in Ordnung. „Für mich bedeutet das eine Arbeitserleichterung. So muss ich mich nicht bei jeder Schule einzeln vorstellen.“ Auch dass das Angebot befristet ist, komme ihr gelegen. Eigentlich sei sie nämlich Modedesignerin und wolle die Lehrtätigkeit quasi als Nebenjob machen.

Es gibt aber auch andere Fälle. „Es tut schon weh, sich nur für eine befristete Stelle bewerben zu können“, findet eine Bewerberin aus Neukölln, die ihren Namen nicht nennen möchte. Als sie im November 2005 ihren Abschluss gemacht hat, habe man ihr gute Jobaussichten gemacht. Trotzdem konnte die Reha-Pädagogin seitdem noch nicht unterrichten. „Obwohl ich mit 1,6 abgeschlossen habe.“ Wäre sie nicht ortsgebunden, sie hätte Berlin längst verlassen und eine sichere Stelle.

Eine ihrer Konkurrentinnen hat diese bereits inne. Die 45-Jährige kommt aus Niedersachsen, unterrichtet dort an einer Montessori-Schule und will nun nach Berlin. „Wenn mir keine Hoffnung auf eine Festanstellung gemacht wird, werde ich meine Stelle natürlich nicht kündigen“, sagt die alleinerziehende Mutter von vier Kindern.

Anders als beim Show-Casting stehen die Chancen für die Bewerber gut, auch genommen zu werden. Norbert Gundacker ist als Personalrat bei den Castings dabei. Er berichtet, dass am Tag zuvor 31 von 33 Bewerbern ein Stellenangebot gemacht wurde. Ganz schön viele Superlehrer.

KATHRIN SCHRECK

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