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Bei Airbus fliegen 10.000 Leute raus

Arbeiter in bedrohten deutschen Werken treten in wilden Streik. Der Flugzeugkonzern streicht 3.700 Stellen in Deutschland und 4.300 in Frankreich. Airbus-Chef Gallois macht Dollarkurs verantwortlich. Gewerkschaften kündigen weitere Proteste an

AUS PARIS DOROTHEA HAHN

Wilde Streiks kommen in Deutschland nicht oft vor. Doch nachdem die Airbus-Konzernführung gestern ihre Kahlschlagpläne bekanntgegeben hatte, platzte den Arbeitern in den bedrohten Werken Varel, Nordenham und Laupenheim der Kragen: Sie legten die Arbeit nieder und gingen nach Hause. Erst morgen wird voraussichtlich wieder gearbeitet.

„Die Leute haben die Schnauze voll“, kommentierte ein Sprecher der IG Metall Küste. Damit nahmen sich die deutschen Arbeitnehmer ein Vorbild an ihren französischen Kollegen: Im Airbus-Werk in Méaulte trat ein Teil der Belegschaft bereits am Dienstag in Streik. Auch in Saint-Nazaire legten gestern einige die Arbeit nieder.

Louis Gallois, Airbus-Chef und französischer Kovorstandsvorsitzender der Konzernmutter EADS, hatte zuvor in Paris das Sparprogramm „Power8“ vorgestellt: Das Unternehmen, das letztes Jahr mehr Flugzeuge baute als je zuvor, streicht 10.000 Stellen. In Deutschland, das in den vergangenen Wochen massives politisches Drohgeschütz aufgefahren hatte, fallen 3.700 Arbeitsplätze weg. In Frankreich sind es 4.300.

Mit dem Kürzungsprogramm, das fünf Monate lang vorbereitet und zuletzt nach deutsch-französischem Streit verschoben worden war, will der Konzern bis zum Jahr 2010 5 Milliarden Euro einsparen. Von dann an sollen die Produktionskosten im Konzern jährlich um 2 Milliarden Euro niedriger liegen.

Louis Gallois behauptete gestern, Grund für den Sparzwang bei Airbus seien nicht die Lieferverzögerung beim A 380 und die daraus folgenden Konventionalstrafen in Milliardenhöhe. Er machte die anhaltende Schwäche des US-Dollars verantwortlich, die den amerikanischen Hauptkonkurrenten Boeing bevorteile. Tatsächlich hat Boeing im Januar erstmals nach langer Zeit wieder mehr Maschinen verkauft als Airbus. Doch ist der niedrige Dollarkurs nicht neu und damit nicht plötzlich über Airbus hereingebrochen. Gallois benutzte den Dollarkurs schon in einem früheren Job an der Spitze der französischen Luftfahrtindustrie als Argument, um „Lohnopfer“ von den Beschäftigten zu verlangen. Gewerkschafter gehen darum davon aus, dass der Dollarkurs auch bei Airbus nur ein Vorwand ist.

Bei einem europäischen Treffen in Brüssel hatten sich am Dienstag die Airbus-Gewerkschaften auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Aktionstages geeinigt – für den Fall, dass Airbus-Werke verkauft werden sollen. Mit ihren spontanen Streiks sind die Arbeiter diesen Plänen nun zuvorgekommen. Gleichzeitig mit den Plänen für Streichungen bei Airbus wurde gestern in Frankreich bekannt, dass die Arbeitslosenkurve sich – erstmals seit Monaten – nicht mehr nach unten bewegt.

Im Interview mit der taz hatte der französische Betriebsratsvorsitzende Jean-François Knepper am Dienstag seine Bereitschaft erklärt, zu streiken, wenn Airbus Werke verkaufen oder auslagern will. Seine Drohung: „Ein einziger Streiktag der Gruppe bedeutet, dass am Ende des Jahres Dutzende Flugzeuge, nicht geliefert werden. Das bedeutet hunderte Millionen Euro, die nicht in die Taschen der Aktionäre kommen.“

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