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Intensivtäter intensiv betrachtet

Erstmals untersucht eine Studie das Umfeld, die Biografie und die Delikte von Intensivtätern. Das Ergebnis bestätigt manche Klischees: Viele Täter sind junge Migranten, besonders häufig stammen sie aus sozial benachteiligten Flüchtlingsfamilien

VON ALKE WIERTH

Genau 6.357 Verfahren laufen gegen jene 264 jungen Straftäter, deren Akten der Kriminologe Claudius Ohder und der Psychologe Lorenz Huck untersucht haben. Im Schnitt sind das 24 pro Kopf. Die Studie der beiden Wissenschaftler zeigt große Übereinstimmungen in den Biografien dieser Mehrfachtäter auf.

Familiärer Hintergrund

So sind fast drei Viertel in Deutschland geboren. Beinahe ebenso viele stammen aus Migrantenfamilien: über ein Drittel aus Ländern des Nahen Ostens, die zweitgrößte Gruppe aus dem früheren Jugoslawien. Türkeistämmige bilden ein knappes Fünftel der Intensivtäter. Die Täter kommen also überwiegend aus solchen Migrantengruppen, die nicht als Arbeitskräfte, sondern als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Den Familien der Täter attestiert die Studie einen „geringen Bildungsstand“. Mit über 50 Prozent ist die Erwerbslosigkeit hoch; Gründe sind Arbeitslosigkeit oder aufenthaltsrechtliche Arbeitsverbote.

Neukölln, Kreuzberg und Mitte sind die Stadtteile, in denen fast die Hälfte der Intensivtäter wohnt – die Mehrzahl der deutschstämmigen kommt aber aus Bezirken im Osten.

Schule und Beruf

Sieben von zehn Intensivtätern sind Hauptschüler. Zwei sind Sonderschüler, und nur jeder zehnte besucht Realschule oder Gymnasium. Extrem hoch ist die Abbrecherquote: Fast die Hälfte hat keinen Schulabschluss. 30 Prozent verließen die Schule sogar in der 8. Klasse oder früher.

Auffälliges Verhalten und starke Lernprobleme konnte bei fast einem Drittel schon in der Grundschule beobachtet werden. Jeder Vierte blieb mindestens einmal sitzen. Die Schulen reagieren häufiger mit Schulverweisen oder Umschulungen als mit Hilfsangeboten. Unterschiede zwischen Tätern mit und ohne Migrationshintergrund gibt es bei Schulkarrieren nicht.

Ganze drei der untersuchten Intensivtäter verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung. Längere Berufserfahrung im erlernten Job hat nur einer. Auch die Zahl derjenigen, die als Ungelernte oder Aushilfskräfte Arbeitserfahrung sammeln konnten, liegt mit unter 20 Prozent äußerst niedrig. Dies sei aber nicht darauf zurückzuführen, so die Studie, dass „Arbeit durchgängig gering geschätzt“ werde. Im Gegenteil könne der „Stellenwert von Arbeit subjektiv sehr hoch“ sein: „Die Mehrfachtäter sind durchaus stolz auf selbst verdientes Geld.“

Freizeit

„Abhängen“ anstelle von organisierter Freizeit scheint die hauptsächliche Beschäftigung jugendlicher Straftäter zu sein – vor allem in Gruppen gleichen Alters und Geschlechts. Nicht wenige bewegen sich fast ausschließlich in Gruppen gleicher ethnischer Herkunft. 15 Prozent der Untersuchten attestiert die Studie „erheblichen Alkoholkonsum“, bei 35 Prozent liegt der Missbrauch illegaler Drogen vor. Es dränge sich der Eindruck auf, „dass der Stellenwert von Drogen verbreitet unterschätzt wird“, schreiben die Autoren.

Delikte und Strafen

Während Täter mit Migrationshintergrund vor allem bei schweren Gewalttaten vorne liegen, führen die deutschstämmigen bei Vergehen wie Diebstahl und Sachbeschädigung an. Tötungsdelikte sind ebenso selten wie sexuelle Vergehen. Auch Waffen kommen eher selten zum Einsatz: In 7 Prozent der aktenkundigen Fälle waren welche im Spiel, meistens Messer.

Bei den meisten Vergehen handelt es sich um ungeplante „Spontantaten“; in jedem fünften Tatfall war der Studie zufolge „eine gewisse Planung oder Vorbereitung zu erkennen“. Opfer sind mehrheitlich junge Männer gleichen Alters, auch hier überwiegen Migranten massiv.

Zwei Drittel der Verfahren, die gegen die jugendlichen Intensivtäter angestrengt werden, enden mit der Einstellung. Dennoch haben mehr als vier Fünftel bereits Erfahrung mit Freiheitsentzug. Doch steigt mit der Zahl laufender Verfahren auch der Anteil derjenigen, die eingestellt werden. Konsequenz: „Aus der Sicht der jugendlichen Delinquenten bleiben die diesen Verfahren zugrunde liegenden Straftaten folgenlos“, resümieren die Autoren.

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