Ein zwiespältiger SPD-Sieg in Bremen: KOMMENTAR VON STEFAN REINECKE
Die SPD regiert weiter, die Grünen gewinnen, die Linkspartei kommt trotz holprigen Wahlkampfes erstmals in ein westdeutsches Parlament, die CDU verliert. Die Linke gewinnt, die Rechte verliert – das ist, plakativ zusammengefasst, die Botschaft aus Bremen.
Die Niederlage der CDU in Bremen ist selbstgemacht. Sie hat auf Law and Order gesetzt, gegen Kurnaz und Ex-RAFler gehetzt. Und im Wahlkampf ein bisschen auf sozial gemacht. Es war das konservative Standardprogramm – und zu wenig für eine Großstadt.
Die SPD in Bremen hat nun die komfortable Wahl zwischen großer Koalition und Rot-Grün. Und beide, CDU und Grüne, werden sehr, sehr viel dafür tun, mitregieren zu dürfen. Rot-Grün müsste für die SPD reizvoller sein. Denn die große Koalition hat für die SPD ihren Zweck erfüllt: Sie hat sich mit dem Bremer Bürgertum ausgesöhnt. Niemand hat diesen Wandel ins Postideologische so verkörpert wie Henning Scherf, der vom Linken zum allseits respektierten Landesvater wurde. Rot-Grün oder große Koalition – das ist für die Bremer SPD heute keine Grundsatzentscheidung mehr. Sie kann entweder mit der größeren bürgerlichen Partei, der CDU, koalieren, oder der kleineren, den Grünen.
Für Rot-Grün spricht auch, dass dies der Bundes-SPD nutzt. Denn mit Rot-Grün in Bremen kann die SPD in Berlin zwanglos zeigen, dass sie Alternativen hat und die große Koalition kein Kerker ist. In Berlin nutzt dieses Ergebnis vor allem SPD-Chef Kurt Beck. Die Bundes-SPD befindet sich in Umfragen im Sinkflug. Beck wirkt in Berlin provinziell, in der Partei rumort es. Doch sicher ist: Beck wird weiterhin alle Kritik mit dem Argument abwehren, dass die SPD noch keine Landtagswahl richtig verloren hat, seit er deren Chef ist. Und damit hat er recht.
Trotzdem ist dies nur eine Atempause für die Beck-SPD. Denn, auch das zeigt Bremen, links etabliert sich eine solide Konkurrenz. Vielleicht ist dies, mehr als das mögliche Revival von Rot-Grün, der historische Wert dieser Wahl. Die Beck-SPD hat die sozial Abgehängten und Anti-Schröder-Sozialdemokraten endgültig verloren. Links von der SPD gibt es auch im Westen nicht nur seltsame Sektierer, sondern eine ernstzunehmende Alternative.
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