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Auf der Streichliste

Das Masters-Turnier in Hamburg steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Veranstalter des Tenniszirkus wollen es gesundschrumpfen. Branchenprimus Roger Federer ist gegen die Pläne

INITIATIVE NEUE SCHLAGWIRTSCHAFT

„Wir haben das Ziel, Tennis wieder als beliebteste Sportart hinter Fußball in Deutschland zu etablieren“, sagte Daviscup-Spieler Alexander Waske zur Gründung der Spielervereinigung „Tennis Germany“, die sich in Hamburg präsentiert hat. Zu den Gründungsmitgliedern zählen neben Waske unter anderem Thomas Haas, Philipp Kohlschreiber, Michael Kohlmann, Benjamin Becker, Florian Mayer und Rainer Schüttler sowie die früheren Profis Patrik Kühnen, Marc-Kevin Goellner und Bernd Karbacher. TAZ

AUS HAMBURG MORTEN HOLM

Das Wetter ist in Hamburg immer ein Thema. Als der wärmste April seit Menschengedenken über die Hansestadt kam, hatte mancher Tennis-Verantwortliche am Rothenbaum schon eine böse Vorahnung: so ein herrlicher April, was das wohl für den Mai bedeuten würde? Richtig: Aprilwetter!

Am Montag, dem ersten Spieltag des Hauptfeldes beim wichtigsten deutschen Tennisturnier, wurde das verschließbare Dach vorsichtshalber zugerollt, die Bäume bogen sich und die Bälle wurden vom Winde verweht. Es ist kein Geheimnis, dass die Top-Spieler der Welt das kalte Turnier nach den Hitze-Events in Monte Carlo und Rom nicht besonders mögen – doch das bezieht sich nur aufs Wetter. Neun von zehn Profis aus den Topten sind auch dieses Jahr wieder nach Hamburg gereist, weil das Preisgeld von insgesamt mehr als 2 Millionen Euro lockt und eine Rundumversorgung, die einen Spitzenplatz verdient. Liebevoll kümmern sich Macher und Helfer des Rothenbaums nicht nur um die beiden Spitzenspieler Roger Federer und Rafael Nadal.

Turnierdirektor Walter Knapper hofft bei seinem letzten Einsatz, bevor er vom ehemaligen Spitzenspieler Carl-Uwe Steeb abgelöst wird, natürlich auf das zuschauerträchtige Finale Federer gegen Nadal am Sonntag. Beide beginnen das Turnier erst an diesem Dienstag, weil sie zuletzt in Rom am Ball waren – während Federer schon im Viertelfinale ausschied, gewann Nadal sein 77. Spiel auf Sand hintereinander und somit das Turnier. Aber auch die Männer von den hinteren Ranglistenplätzen schwärmen vom deutschen Turnier der Masters-Serie: nirgends sonst sind die Zuschauer (trotz des Wetters) so begeisterungsfähig und zäh, auch wenn namenlose Profis bei Sturm auf den vier Außenplätzen spielen. Etwas mehr als 100.000 Zuschauer werden auch in diesem Jahr auf die schöne Anlage kommen.

Dennoch ist die Zukunft des Turniers wieder einmal ungewiss. Etienne de Villiers, der Chef der Vereinigung der Tennisprofis ATP, will zur Serie 2009 die Anzahl der wichtigsten Turniere unterhalb der vier Grand Slams von neun auf acht reduzieren: das defizitäre, ohne Namenssponsor daherkommende und von kümmerlichen Einschaltzahlen geplagte Turnier am Rothenbaum ist sein Streichkandidat Nummer eins. Der Rothenbaum solle wieder auf seinen vor vielen Jahren üblichen Platz im Hochsommer zurückkehren und mit weniger Preisgeld und weniger großen Namen eine offene deutsche Meisterschaft werden, sagt de Villiers. Das nennt man Gesundschrumpfen. Und auch das Wetter wäre vielleicht besser im Juli – obwohl man das in Hamburg nie sagen kann.

Natürlich will der Deutsche Tennis-Bund (DTB) auf dieses vergiftete Angebot nicht eingehen. Die von der ATP angebotene Ausgleichszahlung erscheint DTB-Präsident Georg von Waldenfels als „viel zu gering“, man fürchtet auch Bedeutungsverlust, geringere Einnahmen und weniger Zuschauer an der Anlage am Rothenbaum, die ja 50 Wochen im Jahr nahezu unbenutzt daliegt und allein durch den teuren Unterhalt auffällt. Der DTB beruft sich auf eine Art Gewohnheitsrecht und hat vor einem amerikanischen Gericht gegen die Strafversetzung geklagt: Status und Termin sollen bleiben, wie sie sind. Der Ausgang ist offen. Aber die Zeit drängt, Verträge für die Zukunft des Turniers mit Sponsoren müssen ausgehandelt werden, da ist es selbstverständlich, dass der DTB gern wissen möchte, welches Paket er in Zukunft anbieten kann. Unterstützung gibt es von den Profis: Publikumsliebling Roger Federer sprach sich in Hamburger Zeitungen für den Rothenbaum als Turnier der Masters-Serie aus, ihm gehen die Reformvorschläge von de Villiers zu schnell und zu weit. Die deutschen Spieler sind sowieso für Hamburg in dieser Form, obwohl sie den Schaufenstereffekt hier selten nutzen und auf dem langsamen Ziegelmehl normalerweise rasch ausscheiden.

Es gibt also viel Arbeit für den neuen Turnierchef Carl-Uwe Steeb, den „treuen Charly“ von früher, Knappe von Becker. Vielleicht verwaltet er bald ein Turnier in der Größe von München. Die Zuschauer würden trotzdem kommen, und die Deutschen hätten bessere Chancen: Vor zehn Tagen gewann Philipp Kohlschreiber ja in Bayern.

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