: Oettinger muss verzichten
Frühere Weikersheimerin wird nun doch nicht Referentin des Ministerpräsidenten. Präsidiumsmitglied des konservativen Studienzentrums zeiht CDU der „Feigheit“
BERLIN taz ■ Eigentlich hätte sie am Montag die Stelle antreten sollen: Dorothea Beetz, 26 Jahre alt und CDU-Stadträtin aus Mannheim, sollte persönliche Referentin von Günther Oettinger werden. Sie sagte ab, in letzter Minute. „Unrichtig, unfair und vor allem persönlich verletzend“ hätten die Medien berichtet, ließ sie über einen Anwalt mitteilen: So könne sie die Aufgabe an der Seite des Regierungschefs nicht unbefangen erfüllen.
Günther Oettinger wird nicht Herr der Lage, seit er seine verzerrende Trauerrede für Hans Filbinger gehalten hat. Sein Entschuldigungsmehrteiler, das Bekanntwerden der Mitgliedschaft im rechtskonservativen Studienzentrum Weikersheim, eine halbherzige Distanzierung davon – und dann die Berufung ausgerechnet einer Referentin, die im Gründungsvorstand von Jung-Weikersheim gesessen hat. „Die Geschichte wird intern tiefe Spuren hinterlassen“, sagte ein CDU-Politiker: „Es bleibt der Eindruck: Er bringt nicht mal eine einfache Personalie durch.“
Parteifreunde hätten ihn einhellig gedrängt, die Berufung rückgängig zu machen, hieß es aus Kreisen des CDU-Landesvorstands. Doch obwohl Oettinger es mit Beetz Ende letzter Woche bereits in die Bundesausgabe von Bild geschafft hatte, hielt er stur an der neuen Referentin fest. „Er stand einsam da.“
Teilen der CDU ist inzwischen klar geworden, dass eine Nähe der Regierung zu Weikersheim nicht mehr erklärbar ist. Dennoch gehört Oettinger weiter dem Trägerverein an. Er lässt die Mitgliedschaft nur „ruhen“ und will noch mal mit dem Präsidenten des Studienzentrums sprechen. Andere Teile der CDU hoffen, dass Weikersheim reformiert werden kann. Der Südwestrundfunk berichtete, der umstrittene Historiker Klaus Hornung solle das Präsidium des Zentrums demnächst verlassen. Dessen Geschäftsführer Roland Schrumpf bestritt dies jedoch auf Anfrage.
Hornung war bis 2003 selbst Präsident des Studienzentrums. In der neuesten Ausgabe der Jungen Freiheit hat er dem Streit um die Filbinger-Trauerrede und die „Hexenjagd“ auf Weikersheim eine Kolumne gewidmet. Darin führt er eine Liste schwerer und bedrückender Niederlagen der CDU an: Dazu zählten nicht nur die Auseinandersetzung um Filbingers Vergangenheit als Militärjurist im Nationalsozialismus 1978, sondern auch die Debatten um die als antisemitisch kritisierte Rede des Ex-CDU-Politikers Martin Hohmann und den „Aufstand der Anständigen“ in der rot-grünen Regierungszeit. Im Fall Oettinger bezichtigt Hornung die CDU der „Furcht und Feigheit“. „Nach diesem antifaschistischen Durchbruchssieg werden in der Tat die Partei und unser Land nicht mehr dieselben sein.“ GEORG LÖWISCH
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