: Die Gefahr lauert im Süden
Immer mehr Menschen lassen sich gegen die durch Zecken übertragene Krankheit FSME impfen. Jetzt wird sogar der Impfstoff knapp. Nur kommt das Virus in der Region Berlin-Brandenburg gar nicht vor
Von Catherine Kimmle
In den Arztpraxen geht der Impfstoff zur Zeit weg wie warme Semmeln. Immer mehr Menschen in Berlin und Brandenburg lassen sich gegen die von Zecken übertragbare Viruserkrankung Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME genannt, impfen. Bisher wurde vor allem in Süddeutschland der Impfstoff verabreicht. „Die Nachfrage ist in diesem Jahr explosionsartig gestiegen“, sagte die beratende Apothekerin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Brandenburg, Marianna Kaiser. Genaue Zahlen gebe es aber noch nicht. Die Vorsitzende der KV Berlin, Angelika Prehn, betonte: „Dabei kommt das Virus in Berlin gar nicht vor. Hier können die Zecken zwar Borreliose übertragen, aber kein FSME.“
Gegen Borreliose, an der jährlich rund 40.000 Menschen erkranken, gibt es hingegen keine Impfung. Die durch Bakterien hervorgerufene Erkrankung, die sich Tage nach dem Zeckenbiss durch Fieber und eine Art Sommergrippe bemerkbar macht, kann man jedoch mit Antibiotika behandeln.
Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut für Berlin die Impfung gegen FSME, eine Art der Hirnhautentzündung, nicht einmal für Personen, die sich beruflich viel im Freien aufhalten. „Die Impfung macht in dieser Region eigentlich gar keinen Sinn. Hier gibt es kein einziges Risikogebiet“, sagte der Direktor des Zecken-Laboratoriums, Thomas Talaska. Aus diesem Grund habe man sich in Berlin und Brandenburg auch kaum mit dem entsprechenden Impfstoff bevorratet. Die Nachfrage ist allerdings unerwartet schnell gestiegen, sodass der Impfstoff bereits knapp wird, teilte das Institut für durch Zecken übertragbare Krankheiten in Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree) mit.
Unter bestimmten Umständen kann auch für Menschen aus Berlin und Brandenburg eine Schutzimpfung durchaus ratsam sein. Nämlich, wenn sie einen Urlaub in gefährdeten Bundesländern planen. Von Zeckenbefall sind in Deutschland besonders die südlichen Regionen betroffen. Rund 90 Prozent der bissigen Biester entfallen auf Bayern und Baden-Württemberg. Auch Südhessen und Thüringen sind als Risikogebiete eingestuft. Laut den Kassenärztlichen Vereinigungen könnte das ein Grund für die große Nachfrage nach Impfungen sein. Außerdem übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen bei Reisen in Risikogebiete in Deutschland die Impfkosten. Bei einer Grundimmunisierung werden mit zeitlichem Abstand drei Injektionen gegeben. Danach hat man Schutz für drei bis fünf Jahre.
Ursache für die Zahl der Erkrankungen sind vor allem die ökologischen Folgen der Klimaveränderungen. Die Zahl der kleinen Blutsauger hat nach dem lauen Winter und dem warmen Frühling stark zugenommen. Auf einer Fläche von rund 100 Quadratmetern liegt die Zahl der gezählten Zecken bei rund 75. Letztes Jahr waren es nur 7 bis 10.
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