: Auf eine Zigarette mit der SPD
Obwohl Zigarettenwerbung verboten ist, druckt der „Vorwärts“ eine Anzeige von BAT
Der Vorwärts ist ein ehrwürdiges Organ der SPD, Parteivater Wilhelm Liebknecht hat ihn 1876 selbst gegründet. In jüngster Zeit gibt sich die Monatszeitschrift besonders modern. Als Chefredakteur wurde mit Schröders ehemaligem Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye ein richtiges Schwergewicht geholt, zur 130-Jahr-Feier im Oktober gab es ein schickeres Layout, und Anfang 2007 kehrte der Vorwärts an die Bahnhofskioske zurück. Nur in einem Punkt sind die Berliner Zeitungsmacher nicht ganz auf dem Stand: Die SPD ist keine Raucherpartei mehr.
In der Mai-Ausgabe ist eine ganzseitige Anzeige gedruckt. Die Zigarettenfirma British American Tobacco (BAT) erklärt dort, wie „gute Luft für gute Gastronomie“ zu erreichen ist, nämlich mit technischen Lösungen. 16 Liter Frischluft pro Sekunde: „So können Nichtraucher und Raucher gemeinsam genießen.“
Dass Nichtraucherschutz nur mit Verboten zu erreichen ist, wiederholt der SPD-Abgeordnete Lothar Binding seit Monaten. Er ist der Anführer der Rauchverbieter im Bundestag, und als er neulich den Vorwärts durchblätterte, hat er seinen Augen nicht getraut. „Ein Skandal“, sagt er. „Mich erschreckt das sehr. Das konterkariert die Gesundheitspolitik der SPD.“
Binding ärgert auch, dass eigentlich seit 1. Januar Zigarettenwerbung in der deutschen Presse verboten ist. Deshalb hat auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen an BAT (Gauloises Blondes, Lucky Strikes) geschrieben. Das Unternehmen wird aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Unterschriebe BAT, müsste es nach der nächsten Anzeige 5.100 Euro zahlen.
Ruft man Guido Schmitz wegen der Anzeige an, den Geschäftsführer vom Vorwärts, sagt er: „Erstens bin ich ein sehr aktiver Nichtraucher.“ Bei der Anzeige handle es sich nicht um Produktwerbung, sondern um Unternehmenswerbung, und die sei weiter erlaubt. „Die beschriebenen Abbildungen suggerieren den von Tabakwerbungen gewohnten Wohlfühleffekt“, kontern die Verbraucherschützer.
Aber vielleicht ist der Vorwärts doch modern. Im neuen Zeit-Magazin qualmt Helmut Schmidt die Luft voll. LÖW
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