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Archiv-Artikel

AtomCONCERN

Mit wummernden Bässen den Widerstand gegen Atomenergie in der Großstadt etablieren – die Initiative AtomCONCERN hat originelle Ansätze, um für die Energiewende in Deutschland zu kämpfen

Anti-Atom in Berlin

■ AtomCONCERN, der Name kommt von „we are concerned“, ist die jüngste Initiative, die sich in Berlin gegen Atomenergie engagiert. Wer zu AtomCONCERN Kontakt aufnehmen möchte, besucht am besten deren Webseite: www.atomconcern.wordpress.com

■ Weitere Berliner Initiativen:

– Anti Atom Berlin

www.antiatomberlin.de

– Anti Atom Plenum

www.aap-berlin.squat.net

– Tschüss Vattenfall Berlin

tschuess-vattenfall-berlin.de

„Politik mit hedonistischen Ansätzen zu verknüpfen ist genau unser Ding“, sagt Eva Ricarda Lautsch von der Berliner Anti-Atom-Initiative AtomCONCERN. Was damit gemeint ist, zeigte ihre Gruppe in der vergangenen Woche: Gemeinsam mit der Berliner Anti-Atom-Vollversammlung hatte AtomCONCERN zu einem Widerstandscamp gegen das deutsche Atomforum aufgerufen, das in diesem Jahr im Berliner Congress Centrum am Alexander Platz tagte.

Am 15. Mai ging es los mit einer Demo. Es folgten Blockaden, Podiumsdiskussionen, auf denen es unter anderem um die „German Atomangst“ und das derzeitige Risikoempfinden nach Fukushima ging, Konzerte und natürlich die in linken Kreisen derzeit sehr geschätzten Techno-Raves. Die ganze Nacht wurde durchgetanzt, die Musik lief dabei pünktlich ab 10.00 Uhr abends über Funkkopfhörer. An den Turntables stand unter anderem Loveparade-Mitbegründer Dr. Motte. Der fand die ganze Aktion „große Klasse“. Insgesamt, so schätzte Lautsch, seien es einige tausend Menschen aus ganz Deutschland gewesen, die auf dem Camp Stimmung gegen das Atomforum machten. „Das ist trotz des schlechten Wetters und der kurzen Mobilisierung ziemlich in Ordnung“, fasst die Aktivistin zusammen.

Wer Hedonismus mit Politik verbindet, hat die Sympathie auf seiner Seite. Das haben die AktivistInnen von AtomCONCERN richtig erkannt. Gegründet im November 2010 in Gorleben infolge der Blockaden gegen den Castortransport hat es sich die Gruppe zur Aufgabe gemacht, Anti-Atom-Politik in die Stadt zu tragen und dort ein permanentes Engagement gegen Atomkraft zu etablieren. „Nach den Blockaden haben wir uns gefragt: War’s das jetzt? Es ist wichtig, dass in Berlin über die Blockaden hinaus kontinuierlich für den Atomausstieg gekämpft wird“, resümiert Lautsch.

Um dieses Problem zu lösen, wartet AtomCONCERN mit originellen Ideen auf: Da es ein erster Schritt sei, keinen Atomstrom mehr zu beziehen, veranstaltete die Initiative unter dem Motto „Energie wie nie – für den persönlichen Atomausstieg im Wohnzimmer“ eine Stromwechselparty im Lovelite in Friedrichshain. Auf der Party gab es die Möglichkeit, auf der Tanzfläche zu einem Ökostromanbieter zu wechseln. Hierfür legte die Initiative Vertragsformulare von unabhängigen Ökostromversorgern aus. Wie Lautsch berichtet, wurden zehn Verträge bei unabhängigen Ökostromanbietern unterschrieben, 500 weitere wurden von den Gästen mit nach Hause genommen. Lautsch zeigt sich mit der Resonanz zufrieden: „Unser Konzept, mit einer Kombination aus Party und Politik viele Menschen anzusprechen, war sehr erfolgreich“, fasst Lautsch zusammen.

Die Stromwechselpartys sind natürlich nicht alles. Auch mit inhaltlichen Diskussionen versucht sie sich dem Problem des kontinuierlichen Engagements zu nähern. So publizierte die Initiative auf ihrem Blog Texte, in denen sie unter anderem reflektierten, wie der Widerstand in der Stadt besser vernetzt werden kann. Das Problem sei, dass viele AktivistInnen sich nur auf den Castor und Demos konzentrierten, was eine kontinuierliche Arbeit erschwere. Die Leute kämen nur phasenweise zu Veranstaltungen. „Es muss eine Möglichkeit gefunden werden, die Leute zu ermutigen, sich kontinuierlich zu engagieren“, resümiert Lautsch.

Für die Zukunft sind weitere Aktionen geplant, mit deren Hilfe die Energiewende und die Vernetzung vorangetrieben werden sollen: Zunächst einmal will sich die Initiative bei den anstehenden Blockaden des AKW Brokdorf, die an Pfingsten beginnen, einbringen. Außerdem gibt es Überlegungen, ein Anti-Atom-Wochenende durchzuführen, auf dem „Protest, Party, Inhalte und Kunst“ zusammengeführt werden sollen, wie Lautsch berichtet.

Um das Wochenende durchführen und weitere Partys veranstalten zu können, sucht die Initiative noch nach neuen Mitgliedern. Aktuell engagieren sich zwanzig Leute in der Initiative. „Wir freuen uns über Leute, die uns Input geben und mit anpacken“, appelliert Lautsch. Wer Interesse bekommen hat, kann über die Website der Gruppe Kontakt aufnehmen. LUKAS DUBRO