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Schwusos überfallen

■ Auf Wahlkampftour in St. Georg wurden schwule SPDler zusammengeschlagen

„Alles ging so schnell.“Schwuso Holger Kreymeier kann sich nicht einmal mehr an die Gesichter erinnern. Mit SPD-Landesvorstandsmitglied Peter Maßmann und einem Berliner Parteikollegen war er in der Nacht zum Sonntag auf Schwuso-Wahlkampftour in St. Georg. Broschüren verteilend tingelte das Trio durch die Szene. Zum ersten Mal kandidiert ein offen schwuler Sozialdemokrat, Lutz Kretschmann, für die Bürgerschaft – Grund genug, auf SPD-Stimmenfang zu gehen.

Vor der Bar Rudis Nightclub „wurden wir von zwei jungen Türken richtig übel angepöbelt“. Dann zog der eine blitzschnell ein Messer. „Der andere wollte ihn zurückhalten, aber der ließ sich gar nicht bremsen.“Maßmann flüchtete zurück in die Bar. Kreymeier traf ein Faustschlag ins Gesicht. Dann ein Fußtritt am Auge. Der Schwuso aus Berlin wurde mit zwei Fußtritten an den Kopf verletzt und fiel ohnmächtig zu Boden. Irgendwie retteten sich die beiden in die Bar.

Draußen hatte sich inzwischen eine Gruppe von „fünf bis sieben Türken“gesammelt, die sich anschickten, Rudis Nightclub zu stürmen. Mit Hilfe der Gäste „wurden sie zurückgedrängt“. Polizei rückte an, die Täter konnten entkommen. Der Berliner wurde mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gefahren. Kreymeier ist mit einem – im wörtlichen Sinne – blauen Auge davongekommen.

Unterdessen hat Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) in einem Brief vom 9. September an den Schwulenverband die Forderung zurückgewiesen, das schwule Überfalltelefon aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Er verweist auf das Konzept „Gegen antischwule Gewalt“. Es gebe sechs Ansprechpartner, die gemeinsam mit dem Schwulenverband Aufklärungsarbeit leisten. „Wir sollten dies engagiert fortführen“, so Voscherau. Um das Überfalltelefon am Leben zu erhalten, wolle er die Justizbehörde bitten, „ob es nicht in den Katalog der mit Bußgeldern förderungswürdigen Einrichtungen aufgenommen werden kann“. sim

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