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Die Sitzordnung am Runden Tisch ist noch offen

■ Heute beginnen in Belfast die Friedensgespräche. Ob die größte nordirische Partei kommt, ist unklar. Sinn Féin hat ein Problem. Die IRA lehnt eine Entwaffnung ab

Dublin (taz) – Kommt er oder kommt er nicht? Bei den heute in Belfast beginnenden Friedensgesprächen wird bis zuletzt gerätselt, ob die größte nordirische Partei, die Ulster Unionist Party (UUP), daran teilnehmen wird. Der Parteivorstand hat gestern beschlossen, es dem Vorsitzenden David Trimble zu überlassen, ob er hingeht oder nicht.

Der deutete an, daß er sich wohl im Schloß Stormont, wo der Runde Tisch steht, einfinden wird. „Der Vorstand ist der Meinung, wir sollten irgendwie sicherstellen, daß die unionistische Stimme gehört und die Union verteidigt wird“, sagte Trimble. Es erscheint allerdings unwahrscheinlich, daß er direkt mit Sinn Féin („Wir selbst“), dem politischen Flügel der IRA, sprechen wird.

Sinn Féin hatte vorige Woche die „Mitchell-Prinzipien“ unterschrieben, die der frühere US-Senator George Mitchell, der im nordirischen Konflikt vermitteln sollte, im vergangenen Jahr aufgestellt hat. Sie beinhalten einen Gewaltverzicht, die Entwaffnung aller paramilitärischen Organisationen sowie die Anerkennung des Verhandlungsergebnisses. Am Donnerstag erklärte jedoch ein anonymer IRA-Sprecher in der Sinn- Féin-Zeitung An Phoblacht („Die Republik“), daß sich seine Organisation nicht an die Mitchell-Prinzipien gebunden fühle. Eine Ausmusterung der Waffen komme nicht in Frage, sagte er.

Sinn Féin versuchte danach, den Schaden zu begrenzen. Parteipräsident Gerry Adams erklärte in einer Talkshow am Freitag abend, die IRA-Erklärung besage nichts Neues. Bereits im Juni vorigen Jahres habe die Organisation bekanntgegeben, sie werde ihre „Waffen weder durch die Vordertür noch durch die Hintertür abgeben“. Der Zeitpunkt des neuen IRA-Statements kam für Adams und seinen Stellvertreter Martin McGuinness jedoch zu einem ungünstigen Zeitpunkt. „Ich verstehe nicht“, sagte McGuinness, „was man damit erreichen will, wenn man die Unionisten jetzt noch mehr abstößt.“ Die Erklärung war offenbar aber nicht an die Unionisten gerichtet, sondern an die eigenen Mitglieder. Es gehe darum, sagte ein Sprecher zur taz, die Hardliner bei der Stange zu halten.

Der britische Premierminister Tony Blair warnte Sinn Féin, daß die Partei umgehend auf die Straße gesetzt werde, sollte die IRA ihren zwei Monate alten Waffenstillstand brechen. Blair versuchte am Samstag erneut, die UUP zur Teilnahme zu bewegen. Er versicherte ihnen, Veränderungen in Nordirland kämen nur zustande, wenn eine Mehrheit zustimme. Damit reagierte er auf protestantische Befürchtungen, nach dem schottischen Volksentscheid für ein eigenes Regionalparlament könnte das Vereinigte Königreich in seine Einzelteile zerfallen.

Trimble begrüßte Blairs Bemerkungen, der Vizechef der UUP, John Taylor, war jedoch skeptisch. „Es erscheint mir klar, daß die IRA den Friedensgesprächen den Teppich unter den Füßen wegziehen will.“ Und Ken Maginnis, ein anderes Vorstandsmitglied der UUP, sagte, seine Partei habe „Schwierigkeiten, zu akzeptieren, daß eine der erfolgreichsten terroristischen Organisationen nun von zwei Regierungen an den Tisch der Demokratie gebeten“ werde. Die UUP-Wähler sind sich dagegen einig: Laut einer Umfrage befürworten 93 Prozent von ihnen Trimbles Teilnahme an den Verhandlungen. Und 76 Prozent der Anhänger Ian Paisleys wollen, daß dessen Demokratische Unionistische Partei (DUP) dabei ist. Die DUP und die kleine United Kingdom Unionist Party hatten ihre Teilnahme jedoch von Anfang an abgesagt.

Martin McGuinness sagte gestern, die IRA-Erklärung habe es nicht leichter gemacht, die Unionisten an den Runden Tisch zu bekommen. Er setzt aber auf Tony Blair, den er mit F. W. de Klerk verglich. „Der südafrikanische Friedensprozeß ist erst in Gang gekommen, nachdem die Nationale Partei erkannt hatte, daß die Probleme politische Ursachen hatten und nicht sicherheitstechnische.“ Blair habe nun einen mutigen ersten Schritt gemacht. „Das ist das erste Mal, daß eine britische Regierung das Denken der Leute in militärischen Bahnen erschüttert hat. Und genau das hat uns alle eine so lange Zeit behindert.“ Ralf Sotscheck

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