: Der unbewegte Mann regiert
■ taz-Umfrage: Kein Spitzensportler bei den Rathausparteien und der FDP – aber grün-alternative Weltmeisterin im Tisch-Eishockey
Gerade in Wahlzeiten schmücken sich Politiker gerne mit ihrem Engagement für den Sport. Schon ein Abstecher ins Volksparkstadion wird dann als wegweisende Initiative gepriesen. Die taz hat sich nicht leimen lassen und die vier Rathausparteien sowie die FDP gefragt, wieviele Spitzenathleten, also Menschen vom Fach, für Bürgerschaft oder Bezirk ins Rennen gingen. Das ernüchternde Ergebnis: KeineR. In den Antworten fanden sich dennoch einige Highlights – freilich der etwas anderen Art.
Beginnen wir standesgemäß mit der SPD. Die Sozis haben wieder ihren sportpolitischen Sprecher Leonhard Baumert aufgestellt. Immerhin kickte der Sportlehrer einst für den SC Sperber in der damals zweithöchsten deutschen Spielklasse, der Regionalliga Nord. Zu ähnlichen Weihen, wird gemunkelt, soll auch Finanzsenator Ortwin Runde in Bremen gekommen sein.
Dagegen kann der mögliche Koalitionspartner GAL mit einer amtierenden Weltmeisterin aufwarten. Kordula Leites, die für die Bezirksversammlung Altona kandidiert, hält den Titel im Tisch-Eishockey, einer am ehesten mit Billard zu vergleichenden Disziplin. Nebenbei schreibt die 37jährige Sportwissenschaftlerin noch an ihrer Doktorarbeit über das Verhältnis von „Theorie und Praxis der Sportarten“. Auch Parteifreund Klaus-Peter Bernd, ebenfalls Altona, war ein Meister, allerdings nur Vize und das vor fast dreißig Jahren: 1968 holte der Grün-Alternative den zweiten Platz im Weitsprung bei den Hamburger Schulmeisterschaften.
Ein anderer denkbarer Koalitionspartner für Voscherau & Co. befindet sich den Prognosen nach auf einem Abstiegsplatz: die Statt Partei. Die Sportler der „Unabhängigen“sind die Exoten in der sonst oft inspirationslosen Politikerkaste. Der stellvertretende Geschäftsführer Frank Steinsig etwa ist bekennender Aerobicaner. Unabhängig vom Wahlergebnis scheidet bedauerlicherweise Christian Bölckow aus. Der sportpolitische Sprecher ist berüchtigt für sein Faible, Steine zu schmeißen – allerdings ohne strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen: Bölckow spielt Domino. Über all dem wacht Jürgen Hunke, Ex-HSV-Präsident und amtierender Jugendschutzbrief-Versicherungshändler.
Die FDP, emsig bemüht, ihren APO-Status loszuwerden, ist auch im sportlichen Bereich eher zweite Garnitur. Neben dem schwimmenden und skienden zweiten Landesvorsitzendem Reinhard Soltau stellt sich noch Carsten Marschner zur Wahl. Der Liberale ist Geschäftsführer des Hamburger Fußballverbandes, hat also immerhin ordentlich Sitzfleisch.
Noch schwärzer sieht es bei der CDU aus. Jürgen Klimke, Sportfachmann der Union, fällt keiner ein, der sportlich relevant wäre. Einzig und mit viel gutem Willen ist da Volker Okun. Der Christdemokrat sitzt im Ausschuß für Jugend und Sport, noch ein unbewegter Mann. Daniel Ganama
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