: „Ruinöser Preiswettbewerb“
■ Protest gegen Rotterdamer „Main-Port-Strategie“: Hamburgs Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD) fordert deutsche Hafenpolitik
taz: Mit ihrer offensiven Hafenpolitik sind die Niederlande auf dem besten Weg, Rotterdam zum europäischen Haupthafen für Containerverkehre auszubauen. Schrillen bei Ihnen die Alarmglocken?
Thomas Mirow: Ja. Es gibt ganz offensichtlich ein niederländisches Staatsverständnis, das die Industrie den Deutschen überlassen will und für sich reklamiert, Europas Transport-Meister zu sein. Das ist für Hamburg nicht akzeptabel. Konkret wirkt sich das aus in öffentlichen Finanzierungen von Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere im Bereich der Schienenanbindung des Hafens. Wir haben Sorge, daß dadurch der Wettbewerb verzerrt wird.
Warum? Nur weil Hamburg nicht mithalten kann?
Wir sind der Hafen, der international die besten Schienenverbindungen hat. Das war bisher ein wesentlicher Wettbewerbsvorsprung. Womit wir nicht einverstanden sind, ist, daß ein solches Guthaben nachträglich entwertet werden soll, indem man mit öffentlichen Mitteln in Holland neue Verbindungen finanziert.
Was können Sie tun?
Auf Hamburger Ebene allein wenig. Deswegen intensivieren wir unter anderem die Bemühungen um mehr Kooperation zwischen den deutschen Seehäfen.
Hamburg und Bremerhaven haben aber jüngst erklärt, daß eine arbeitsteilige Kooperation – Container-Umschlag in Bremerhaven, Distribution in Hamburg – unmöglich ist.
Es kommt nicht darauf an, das gleiche Produkt herzustellen oder eine einheitliche Unternehmensführung zu haben. Die Rahmenbedingungen müssen stimmen.
Sie unterstützen eine einheitliche deutsche Hafenpolitik, wie sie Seehafenbetriebe und Reeder diese Woche in Lübeck gefordert haben?
Ja. Um zum Beispiel den ruinösen Preiswettbewerb zwischen deutschen Häfen zu verhindern.
Böte sich da nicht als erster Schritt an, endlich kostendeckende Hafen-Mieten in Hamburg einzuführen, um den Subventionswettlauf zu stoppen?
Was heißt kostendeckend? Wir haben Mieten, die dem Durchschnitt der Wettbewerber entsprechen und zum Teil sogar darüber liegen. Im übrigen erfolgen schrittweise Anpassungen der Hafenmieten.
Viele Reeder drohen mit Abwanderung wegen der hohen Hafen- und Lotsengebühren in Hamburg. Zeit zu handeln?
Wir denken nicht an Absenkungen, sondern glauben, daß das Angebot des Hamburger Hafens wettbewerbsfähig ist.
Im Hafen versickern jährlich öffentliche Mittel in dreistelliger Millionenhöhe. Wird der Hafen in Ihrer Amtszeit wirtschaftlicher?
Der Hafen kostet die Stadt ja nicht nur viel Geld, er bringt ihr auch viel. Die Investitionen, die wir tätigen, sind aus unserer Sicht durchaus lohnend. Sie gelten ja nicht nur einer Hafenerweiterung, sondern auch der Umstrukturierung vorhandener Flächen.
Also keine Mark weniger für den Hafen?
Am Hafen wird, bezogen auf die Investitionen in der mittelfristigen Finanzplanung sowie im Sondervermögen Hafen-City, nicht gespart.
Hamburgs Oberbaudirektor Kossak wirft der Wirtschaftsbehörde vor, zum reinen Hafenamt zu verkommen. Werden Sie diesem Image vier weitere Jahre gerecht werden?
Ich glaube, daß das schon heute nicht gerecht ist. Aber ich habe sicher vor, in den nächsten Jahren auch in anderen Bereichen der Wirtschaftspolitik eigene Akzente zu setzen, zum Beispiel in der Medienwirtschaft.
Und wie lauten Ihre Konzepte gegen Firmenschließungen wie bei Ortmann + Herbst oder Abwanderungen wie bei Essig Kühne?
Dagegen kann man bezogen auf das einzelne Unternehmen meistens wenig machen. Aber wir müssen da helfen, wo wir können. Ich nenne als Beispiel die Sicherung des Standortes der Kaffeerösterei Tchibo. Dabei müssen wir, wo notwendig, auch zusätzliche Flächenressourcen in Anspruch nehmen. Dafür steht das Beispiel Dasa.
Fragen: Heike Haarhoff
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