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Spielen und verkaufen

■ Gestern eröffnete die cmb-Messe für Computer, Multimedia und Büro. Innovationen sucht man lange, Verkauf ist angesagt. Bis Sonntag werden 15.000 Besucher erwartet

Während Thomas Dendorfer von der Firma Stelljes Medialine ernsthaft bemüht ist, ein Pressegespräch zu führen, schleichen sich zwei Joungster an den Computerterminal hinter seinem Rücken. Die beiden Breithosen sind so um die 13 und sie hacken mit nervösem Blick nach rechts und links, was das Zeug hält. Innerhalb von Sekunden haben sie ein Porno-Video aus dem Internet geladen, die Lautstärke auf 100 Prozent gestellt und auf Enter gedrückt. Während die Mitarbeiter den Schaden zu begrenzen versuchen, sind die zwei längst im Messegetümmel verschwunden. Die mißbilligenden Blicke lasten auf dem Stand der Firma. Das ist subversiv.

Daß die zwei so schnell untertauchen können, liegt daran, daß am ersten Tag der Computermesse cmb'97 fast nur Kids die Halle 4 des Messecentrums Bremen bevölkern. cbm steht für „Computer, Multimedia, Büro.“Entsprechend breit ist das Angebot der Verkaufs- und Kontaktmesse. 100 Aussteller haben ihre Stände aufgebaut, und es findet sich ein buntes und etwas beliebiges Sammelsurium von allem, was im weitesten Sinn mit Computern zu tun hat.

Vorne, gleich am Eingang, sieht alles noch ganz schick aus. Handys werden verkauft und Computerspiele auf Großbildwand geworfen, Internet-Anbieter und Web-Designer bieten ihre Dienste an. Ein paar Firmen zeigen, was Bildungsprogramme können. Direkt dahinter aber werden bereits Büromöbel angepriesen, Disketten als Einzelware verkauft, Fielmann bietet Brillen an, auch Kaufhof ist da. Eine Firma für Entsorgung von Elektroschrott schickt einen Müll-dekorierten Mitarbeiter durch die Halle. Ganz hinten ist die Schmuddel-Ecke, „Eintritt nicht unter 18 Jahren“, ab und an verschwinden Männer hinter dem Vorhang. Daneben eine Graphologin, Charakteranalyse durch Unterschrift. Dahinter nur noch die kahlen Wände der neuen Messehalle.

Wenn die Messeorganisatoren nicht 60 Schulklassen eingeladen hätten, würden sich die restlichen Besucher in der großen kalten Halle ziemlich verlieren. Nach zwei Stunden Messe sind schon 20 Klassen aufgetaucht – viele Lehrer machen eine Bildungs-Exkursion zur cmb. Doch die Schüler bleiben vor den Computerspielen hängen. Programme für interaktives Lernen werden vom Zielpublikum ignoriert. Überhaupt ist Innovation hier in der Defensive – Verkauf ist Trumpf.

Eigentlich sollte am ersten Tag der bis Sonntag dauernden Veranstaltung nur Fachpublikum eingeladen sein. „Nein, nein“, sagt Messeorganisator Letsch von der Agentur Beinhorn aus Braunschweig. „Das mit dem Fachpublikum ist so gemeint, daß heute die Gespräche zwischen den Ausstellern stattfinden können.“Solche Gespräche aber laufen schleppend. Thomas Dendorfer von Media-Line: „Wir haben bisher weniger Visitenkarten gesammelt, als wir erwartet haben.“Wenn das so weiterginge, meint er, lohne sich der Aufwand eines eigenen Standes im nächsten Jahr nicht.

Doch der Veranstalter erwartet 15.000 Besucher bis Sonntag. „Wir wollen keine einfache Computer-Messe machen, das ist langweilig“, sagt Organisator Letsch, auf den Zusammenhang von Fielmann-Brillen und Computern angesprochen. „Wir wollen alles rund um den Computer zeigen. Und dazu gehören auch Handys und Gesundheitsvorsorge.“

Bürgermeister Henning Scherf indes hat die Hoffnung nicht verloren, daß sich Bremen zu einer Multimediastadt mausern wird. In seinem Grußwort preist er die Messe an, als ob hier eine kleine Cebit stattfindet: Er zeigt sich „überzeugt“, daß die Besucher auf der cmb die „richtigen Antworten für Problemstellungen finden werden, um auch für die Zukunft gerüstet zu sein.“ Christoph Dowe

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