■ Vorschlag: Songs für alternde Jungs: Oasis in der Deutschlandhalle
Oasis wieder, die nationalistischen britischen Lads, die Jungs, die mit „Wonderwall“ den ganzen Schwung pseudoproletarischer Männerleben-Texte brachten: Hool-Sein, Voll-Sein, Mann-Sein. Bislang ist dabei nebenher auch immer noch der eine oder andere catchy Titel abgefallen. Mit dem ultimativ durchgeknallten „D'you Know what I mean“, in dem sieben Minuten lang die Gitarre kommentarlos vor sich hinschrammelt und die Probleme der Gebrüder Gallagher umgewälzt werden, schienen die schnellen Drogen die Hirne von Noel und Liam schon fast aufgefressen zu haben. So was können die Melvins, aber nicht diese E-Köpfe, die klasse zur poppigen Electronic-Boygroup taugen. Jetzt aber, wo es schon sichtbar vorbei ist mit der Boygroup-Option (Alter), muß also trotzdem weitergemacht werden. Dafür läuft es einfach viel zu gut, überall in London hat man das Oasis-Zeug im Ohr, sie sind Weltspitze im Stadionrock: Beatles – Stones – Oasis.
Sie kommen mit „Be here now“ auf Tour, ihrem letzten Album, das im Sommer schon boomte. Aber trotz des schönen Titels, konnte „Be here now“ nicht an die kitschig-schönen Zeiten von „Definitly- Maybe“ und „(What's the Story) Morning Glory“ heranreichen. Allein vom Titel her hätte man sich damals auch schon über die kommenden Bruder-Konflikte klar sein können, der Songschreiber Noel und der neidische Partygänger Liam, der sich für Lennon hält. Dabei scheint nichts ihren Erfolg abzuschwächen. Weder ihr unglaublich beschissenes Aussehen noch ihre dumpfen Selbstauskünfte: „Erfolg ist für mich: ein Wahnsinns-Landsitz (...) mit vier Autos, für die ich keinen Führerschein habe, drei Hausmädchen, einer blonden Ehefrau, Tennisplatz, einem 300-Quadratmeter-Studio, Satelliten-Empfang und vier Katzen“ (Noel). Und so werden sich bei „Stand by Me“ die Jungs im Publikum wissend anblicken: Das ist ein Lied für uns, die verlorene Männergeneration, die – panisch vor Machtverlust – noch einmal zum letzten großen Schunkeln gekommen ist, um sich rückzuversichern, daß es doch immer noch sie sind, die den Takt ihrer Zeit vorgeben, daß diese Gender-Verwirrung sich bald gelegt haben wird und dann wieder der britische, biersaufende, aggressive Proll zählt. Annette Weber
Heute, 20 Uhr, Deutschlandhalle
Weltspitze im Stadionrock: Oasis Foto: Promo
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