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Im Zeppelin zum Weidendom fliegen

■ Lebendes Bauwerk soll Expo-2000-Besucher nach Thüringen locken

Auerstedt (taz) – 25 Meter im Durchmesser, zehn Meter hoch, 800 Personen Fassungsvermögen – der größte Weidenpalast der Welt ist im thüringischen Auerstedt, nordöstlich von Weimar, fertiggestellt worden. Einen Monat lang hatten 300 Freiwillige aus aller Welt unter Anleitung des Architekten Marcel Kalberer und seiner Naturbaugruppe „Sanfte Strukturen“ daran gearbeitet. Größter Sponsor des Doms aus nachwachsenden Weidenbündeln ist die Ikea-Stiftung, Hofheim. Von 1999 soll das als Teil der Expo 2000 anerkannte „Baumwerk“ mit dem Zeppelin angeflogen werden.

Marcel Kalberer, Autor des Buches „Der Rock 'n' Roll der Architektur“, inszenierte die Bauarbeit als „künstlerisches Gruppenereignis“ von Einheimischen und Angereisten. Eine Form der Aktionskunst, mit der die Gruppe um Kalberer schon 30 Jahre arbeitet. In einem Kreuzberger Hinterhof baute der Architekt 1984 im Rahmen der Internationalen Bauausstellung ein türkisches Dampfbad mit Koch- und Schlafhöhlen, das zwei Monate in Betrieb war. Damals wollte die Aktionsgruppe „akademischen Architekten, die für die türkische Bevölkerung zwar etliche Planungen durchführten, aber den heißen Dampf nur in die eigenen Köpfe brachten“ etwas auf die Sprünge helfen.

Mit dem Slogan „Auerworld is Auerstedt“ versuchen die Künstler jetzt, Welt- und Dorfkultur unter dem Dach des „Auerworldpalasts“ zu vereinen. Gemeindefeste und Hochzeiten sollen dort ebenso gefeiert werden wie Konzerte von Londoner DJs. Die Eröffnungsfeier im „Auerworldpalast“, der mit seinen spitzbogigen Verstrebungen wie ein gotischer Dom wirkt, vermittelte bereits einen Vorgeschmack kommender Ereignisse. Auerstedter Bürger lauschten Didgeridoos, Spanier ließen sich erklären, was eine „Fettbömme“ kostet und tranken Köstritzer Bier.

„Viele hier haben ganz andere Probleme“, bleibt Christ Steller aus dem Nachbarort Apolda skeptisch, „die suchen Arbeit.“ Die Gefahr sei auch, „daß nachts mal welche kommen und das ganze Ding anzünden“. Die Auerstedter Lehrerin Manuela Klein dagegen ist zuversichtlich: „Im Ort redet doch schon jeder von unserem Palast! Wir werden bekannt, Leute kommen und Arbeitsplätze entstehen.“

Der Förderverein Auerstedt ist tatsächlich schon der größte Arbeitgeber des 507 Einwohnerdorfs. Marcel Kalberer ist zuversichtlich, daß sein „Lebenswerk“ Wurzeln schlägt und noch in 100 Jahren als Versammlungsort genutzt werden wird. Matthias Thieme

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