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Sich abfinden ohne Abfindung

Möbel Unger schließt Filiale in Wandsbek; Neubau in Rahlstedt kommt nicht. Angestellten droht Arbeitslosigkeit ohne Sozialplan  ■ Von Magda Schneider

„Möbel Unger – Räumungsverkauf, alles muß raus!“ So lautet derzeit die Rundfunkwerbung. Was sie verschweigt: das gilt vor allem für die Beschäftigten. Ende des Monats ist für die gut 50 MitarbeiterInnen der Unger-Häuser in Hamburg und Maschen Schluß. In der Hamburger Filiale herrscht aber nicht nur Furcht vor der Arbeitslosigkeit, sondern auch noch die Angst, daß sie keinen Pfennig aus dem ohnehin miesen Sozialplan bekommen.

Der Leidensweg der Unger-MitarbeiterInnen im Wandsbeker Möbellager ist lang. Schon Mitte 1998 kursierten die ersten Schließungspläne, weil der Mietvertrag zum 1. August 1999 ausläuft. Doch jeglicher Widerstand wurde bereits im Keim erstickt, als Geschäftsführer Manfred Geissler-Hansson ankündigte, in Rahlstedt werde ein neues, größeres, schöneres Möbellager errichtet. Und wenn sich die Belegschaft bereit erkläre, statt 37,5 Stunden nunmehr 41 Stunden pro Woche zu arbeiten – ohne Lohnausgleich oder Freizeitvergütung –, würden die 50 Wandsbeker MitarbeiterInnen übernommen. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (hbv) lief damals gegen die „Erpressung“ Sturm und wurde dafür in der Öffentlichkeit als „Arbeitsplatzvernichter“ beschimpft.

Seit dem 27. Mai ist es allerdings amtlich: In der Münchner Unger-Zentrale wurde beschlossen, bundesweit weitere 21 Häuser zu schließen – darunter sind auch die Möbellager in Hamburg und Maschen. Von einem Neubau in Rahlstedt war nicht mehr die Rede. Seitdem herrscht unter den Beschäftigten an der Walddörfer Straße die pure Angst. Denn zur Abwicklung des Räumungsverkaufs gründete Firmenbesitzer und Multimillionär Erich Kellerhals extra eine neue Firma – die „Zwanzigste Möbel Handels GmbH“ –, welche die Abwicklung der Filiale für die „Unger GmbH“ übernahm.

Da Kellerhals in Branchenkreisen als Meister in der Gründung neuer Gesellschaften gilt, war das Unbehagen der Belegschaft nicht unbegründet. Diese neuen Gesellschaften sind meistens ohne größere Vermögenswerte und mit wenig Grundkapital ausgestattet.

Und so fiel auch bei den Sozialplanverhandlungen das Ergebnis mager aus. Insgesamt stellte das Unternehmen 275.000 Mark zur Verfügung. Jeder Mitarbeiter soll pro Beschäftigungsjahr nur ein Fünftel Monatsgehalt als Abfindung bekommen. Das hieße, daß eine Verkäuferin nach fünf Jahren bei Unger eine magere Abfindung von etwa 3000 Mark erhielte. Selbst vor Arbeitsgerichten werden Betroffenen bei betriebsbedingten Kündigungen Abfindungen in der Höhe eine halben Gehalts pro Beschäftigungsjahr „brutto gleich netto“ zugesprochen.

Doch selbst diese geringe Summe ist alles andere als sicher. Unger will nur an diejenigen auszahlen, die zuvor schriftlich versichert haben, auf eine Kündigungsschutzklage zu verzichten.

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