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Kultsekte droht „Umerziehung“

China: Die Proteste gegen das Verbot der Falun-Gong-Bewegung und die Verhaftungen ihrer Anhänger gehen weiter. Gründer Li Hongzhi wehrt sich gegen Vorwürfe   ■  Von Sven Hansen

Berlin (taz) – In China halten die Proteste gegen die Unterdrükkung der sektenartigen Falun-Gong-Bewegung an. Am Tag nach dem Verbot von Falun Gong nahm die Polizei etwa 200 Menschen fest, die auf dem Tiananmen-Platz im Zentrum Pekings mit einem Sitzstreik gegen das Verbot der taoistisch-buddhistischen Bewegung protestiert hatten. Sie wurden wie zahlreiche andere friedliche Demonstranten in den Vortagen in Sportstadien interniert. Später sperrte die Polizei den Platz. Er war erst kürzlich nach einer Renovierung wieder eröffnet wurden, die aus Angst vor Unruhen erst nach dem zehnten Jahrestag der Niederschlagung der Demokratiebewegung erfolgte. Der gestrige Sitzstreik war die größte Protestaktion auf dem Platz seit 1989. Proteste gab es gestern auch beim Regierungsviertel Zhongnanhai. Dort hatte die Polizei schon zuvor Proteste von Falun-Gong-Anhängern unterdrückt.

Seit Mittwoch wurden Tausende, wenn nicht Zehntausende Anhänger von Falun Gong in Sportstadien interniert. Nähere Angaben über die Zahl gibt es nicht. Am Mittwoch hatte das Hongkonger „Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratiebewegung in China“ von landesweit 30.000 Verhafteten gesprochen. Laut Regierung wurden inzwischen zahlreiche Internierte wieder nach Hause geschickt.

Der Vizeminister für Zivilverwaltung, Li Baoku, sagte laut dpa, Anhänger von Falun Gong würden „mit den Methoden der Erziehung, Überzeugung und Anleitung“ dazu gebracht, die Beziehungen zu Falun Gong abzubrechen. Die Demonstranten müßten „sich ausruhen, etwas essen, etwas trinken, bevor sie dorthin zurückgebracht werden, wo sie hergekommen sind“, so der Minister. Offenbar versucht die Regierung, Führer und Mitläufer zu trennen.

Erstmals nahm am Donnerstag auch der in den USA lebende Gründer von Falun Gong, der 48jährige Li Hongzhi, zum Vorgehen der chinesischen Behörden Stellung. In einem über das Internet verbreiteten Statement forderte Li die Regierung auf, Falun-Gong-Anhänger nicht als Feinde zu behandeln. Auf das Verbot ging er nicht direkt ein. Er nahm jedoch zu Vorwürfen gegen sich Stellung, die in den staatlichen Medien zirkulierten. Li sagte, er sei von den jüngsten Protesten selbst überrascht worden. Er räumte ein, sein Geburtsdatum geändert zu haben, weil dies von den Behörden während der Kulturrevolution falsch wiedergegeben worden sei. Er könnte nichts dafür, am gleichen Tag wie Gautama Buddha geboren zu sein, und hätte nie behauptet, er sei Buddha.

Die US-Regierung äußerte sich besorgt über das Verbot von Falun Gong. Außenamtssprecher James Rubin forderte die chinesische Regierung am Donnerstag auf, ihren Verpflichtungen, die sich aus den internationalen Menschenrechtskonventionen ergeben, nachzukommen.

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