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Ein Mann fast ohne Fehler

SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage zieht nach fünf Jahren im Amt zufrieden und sogar ein bisschen stolz Bilanz  ■ Von Elke Spanner

Doch, einen großen Fehler habe er in seiner Amtszeit begangen, räumt Hartmuth Wrocklage (SPD) uneitel ein. Kurz nachdem er 1994 zum Innensenator gekürt worden war, habe er bei einer Straßenschlacht um den Bauwagenplatz „Bambule“ im Karolinenviertel mit „maskierten Straftätern“ verhandelt. „Das würde ich heute nicht wieder so machen.“ Mittlerweile ist er um fünf Jahre Diensterfahrung reicher, und auf die hinter ihm liegende Zeit blickt er „zufrieden und sogar mit ein bißchen Stolz“ zurück. Ermuntert durch die selbstgezogene positive Bilanz, will der Innensenator an seinem 5. Jahrestag lieber nach vorne blicken als in die Vergangenheit: Hamburg, so kündigte er gestern an, bekomme „eine moderne Großstadtpolizei“.

Was nicht heißen soll, dass die BeamtInnen bisher der Zeit hinterhergehinkt wären. Vielmehr sieht sich Wrocklage „in der erfreulichen Lage, die Polizei loben zu können“: Großeinsätze wie etwa bei der Neonazi-Demo im Juli in Bergedorf, als die Polizei die protestierenden AntifaschistInnen aus dem Weg geräumt hatte, hätten sie hervorragend gemeistert. Den mentalen Schaden, den die Ordnungshüter davongetragen hätten, als ihr Image infolge des Hamburger Polizeiskandals so schlecht geworden war, hätten sie längst überwunden. Die Dienststelle Interne Ermittlungen (DIE) sei mittlerweile innerhalb des Apparates akzeptiert. Und die Pannen bei der Einführung des Computersystems „Comvor“, welche mehrere Millionen Mark gekostet haben, haben ihn allein wegen der Zeitverzögerung genervt.

Das Moderne an der künftigen Großstadtpolizei soll ihr „Gemeinwesenbezug“ sein: Wrocklage setzt auf den „aktivierenden Staat“, der die Bürger zum Mitmachen etwa in Sicherheitspartnerschaften auffordert. Die Bevölkerung habe zwar noch die „konventionelle Sicht“, dass die Polizei allein zur Repression, also zur Strafverfolgung auf der Strasse da sei. Dennoch habe die Gewaltprävention in seiner Amtszeit den erforderlichen Stellenwert erhalten. Ein sensibler Punkt sei wohl die Zunahme privater Security-Firmen. Doch auch in Zukunft sei Sicherheit „nicht nur für Reiche da: Wir müssen einen starken Staat aufrechterhalten“.

Unanfechtbar verteidigte der Innensenator seine Ausländerpolitik. Die sei „auf gutem Wege, ich hoffe auch mit dem Koalitionspartner zusammen“. Skeptisch sei er, weil die GAL, sonst in der Regierung „absolut fair“, im Frühsommer ein internes Papier der Innenbehörde zur verschärften Abschiebepolitik an die Öffentlichkeit gebracht habe.

Als Wrocklage vor fünf Jahren ins Amt kam, sah er sich vor allem mit zwei Problemen konfrontiert: Sein Vorgänger Werner Hackmann war zurückgetreten, weil er nicht länger den „unseligen Corpsgeist“ in der Polizei verantworten wollte, der rassistische Übergriffe auf Schwarzafrikaner ermöglicht hatte. Gegen zahlreiche PolizistInnen liefen Ermittlungsverfahren, ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss nahm kurz darauf seine Arbeit auf. Diese „Altlasten“ indes seien überwunden, so Wrocklage.

Zufrieden beurteilte er auch den zweiten großen Stolperstein, über den er sich seinen Weg bahnen musste: Wrocklage wollte die Drogenszene rund um den Hauptbahnhof aus den Schlagzeilen bekommen. Infolge der durch das „Handlungskonzept St. Georg“ programmatisch betriebenen Vertreibungspolitik sind nun zwar zwei Stadtteile mit offener Drogenszene zu vermelden.

Doch auch das sei kein Misserfolg, wehrt der Senator Kritik ab: Zum einen habe er St. Georg vor dem Umkippen bewahrt. Zum anderen habe das Schanzenviertel zuvor, „während der Zeit der großen Kurdenkrawalle“, sogar noch mehr Probleme gehabt.

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