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Baskische Helden des Sommerlochs sollen brummen

■ Die neun Demonstranten von Sevilla stehen ab heute vor Gericht. Ihre Showeinlage bei der Eröffnungsfeier der Leichtathletik-WM soll „öffentlicher Aufruhr“ gewesen sein

Madrid (taz) – Für die Basken waren sie die Helden des Sommerlochs, für Innenminister Jaime Mayor Oreja in Madrid der peinlichste Patzer seiner politischen Karriere. Ab heute stehen neun der elf baskischen Jugendlichen vor Gericht, die während der Eröffnungsfeier der Leichtathletik-WM im südspanischen Sevilla auf die Situation von über 400 Gefangenen aus der Separatistenorganisation ETA aufmerksam machten. Ihnen wird „öffentlicher Aufruhr“ vorgeworfen.

Das Verbrechen: Transparente, welche die Rückverlegung der ETA-Gefangenen in Haftanstalten im Baskenland forderten. Ein mehrsprachiges Flugblatt erklärte die Aktion. Doch was Organisatoren und Innenministerium am meisten störte, spielte sich auf der Bühne ab. Dort tanzte ein Jugendlicher 20 Minuten lang im Kostüm des WM-Maskottchens Giraldilla, auf der Brust eine Tafel mit der englischen Aufschrift „Repatriation – Bask Prisoners“. Er und eine weitere Aktivistin waren in voller Verkleidung mit einer ganz normalen Eintrittskarte ins Stadion gelangt. Danach spazierten sie seelenruhig und völlig unbehelligt zur Bühne. 3,5 Milliarden Fernsehzuschauer in aller Welt erreichte dank der Direktschaltung von 600 Fernsehanstalten die Botschaft der „Solidarischen mit den Gefangenen“, wie sich die Gruppe nennt, die seit Monaten immer wieder publikumswirksam für ihr Anliegen wirbt. Mit Erfolg: Anfang September beschloss die Regierung, 105 baskische Gefangene in die Nähe ihrer Heimat zu verlegen.

Sevilla war zweifelsohne die spektakulärste Aktion der „Solidarischen“. Während sich im Baskenland Presse und Bevölkerung ob der gelungenen Showeinlage amüsierten, verging den Politikern in Madrid der Humor. Die kommunistische und sozialistische Opposition verlangte von Innenminister Mayor Oreja eine Stellungnahme zur „schweren Sicherheitsgefährdung“. Rundfunk und Fernsehen stempelten die elf zu „ETA-Sympathisanten“ ab, und die Polizei in Sevilla prüfte gar, ob sie die Verhafteten wegen „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ anklagen lassen könnte. Der Richter riet davon ab und setzte die elf auf freien Fuß. Den neun, die heute wieder nach Sevilla reisen müssen, droht jetzt eine Strafe zwischen 60 Mark und einem Jahr Haft wegen „Aufruhr“.

Einer von ihnen könnte gar für sechs Jahre wegen „eines Anschlags gegen die Autorität“ hinter Gitter wandern. Er wird beschuldigt, bei seiner Festnahme einem Polizisten ins Ohr gebissen zu haben. Die Version der Jugendlichen ist freilich eine andere: Als sie einen Tag nach ihrer Aktion auf freien Fuß gesetzt wurden, zeigten sie im baskischen Fernsehen Verletzungen an Unterarmen und Handgelenken. Reiner Wandler

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