: Schmerzliche Einschnitte kommen
■ Zum Beispiel Kultur: Wie der Senat Bremen sanieren will
„Ich möchte, dass die Kultureinrichtungen über Rahmenbedingungen verfügen, die über die jährlichen Haushaltsberatungen hinaus gehen“, erklärte der Senator für Inneres, Kultur und Sport, Bernt Schulte (CDU), vor wenigen Tagen bei einer Anhörung in der Handelskammer. Doch der von Schulte mitgetragene gestrige Senatsbeschluss wird es ihm schwer machen, diesen Wunsch zu realisieren. Im Vorfeld hatten sich Senatskanzlei, Finanz- und Kulturressort darauf verständigt, dass die Eckwerte „für 2002 bis 2005 deutlich gesenkt werden müssen“. Doch schon vor dieser „deutlichen Senkung“ haben – neben den anderen SenatorInnen auch – Schulte und seine Verwaltungsleute eine harte Nuss zu knacken: Der für den Kulturbereich ermittelte Bedarf für 2000 und 2001 liegt jährlich um sieben Millionen Mark über dem beschlossenen Eckwert. Dieser Betrag muss nun gekürzt werden.
„Diese sieben Millionen sind keine Ausgabensteigerung“, betont Staatsrätin Elisabeth Motschmann (CDU) auf taz-Anfrage. Allein die vertraglich zugesicherte Übernahme der Tariferhöhungen im Theater am Goetheplatz schlägt mit 770.000 Mark zu Buche. Auch die Zuschusserhöhung für die Kunsthalle und das Gerhard-Marcks-Haus in Höhe von 650.000 Mark jährlich sind vertraglich vereinbart. Die in der Summe ebenfalls enthaltene Zuschusserhöhung für das Waldau-Theater soll das Haus aus einer Dauerkrise retten. Jedenfalls verbirgt sich im „Bedarf“ kein Pfennig für ein neues Projekt.
So ist Motschmann hin und her gerissen: „Ich sehe das große Ziel der Sanierung des bremischen Haushalts“, sagt sie und weiß doch: „Unter den jetzigen Vorgaben wird es schmerzliche Einschnitte geben.“ Eine Umverteilung innerhalb des Schulte-Ressorts komme nicht in Frage, weil Inneres und Sport genauso notleidend seien.
Formell sind Haushaltsbeschlüsse Sache der Bürgerschaft, die erst im April und Mai 2000 darüber beraten soll. Mit einem Sanierungssicherstellungsgesetz will der Senat das Parlament schon vorher quasi moralisch darauf einschwören, dass die Abgeordneten keine Mehrausgaben verlangen, ohne zugleich zu sagen, wo das Geld eingespart werden kann. Denn: „Wenn man das Paket aufschnürt, zieht das eine Lawine nach sich“, weiß die Ex-Abgeordnete Motschmann.
Es ist jetzt der Job der Verwaltung, die Konsequenzen des Senatsbeschlusses darzustellen. Bei Einhaltung der Verträge mit dem Intendanten Klaus Pierwoß oder den Museen ist es ein offenes Geheimnis, dass der größte Teil der sieben Millionen Mark nur durch eine Rasur bei freiwilligen Leistungen und Projekten aufgebracht werden kann. „Wir werden mit allen Betroffenen reden“, kündigt Motschmann vorab schon mal an.
In der offiziellen Sanierungsrhetorik wird weiterhin von Synergieeffekten gesprochen, nach der gleiche Leistung auch für weniger Geld zu haben sein soll. Die vor zwei Jahren zur Berechnung dieser Effekte nach Bremen geholten Unternehmensberater von McKinsey haben der Verwaltung aber offenbar wenig Konkretes hinterlassen. Doch bei der Mehrzahl der oft auf wackeligen Städtevergleichen basierenden Vorschläge sahen die Berater immer wieder eine Voraussetzung für Synergien: „Dringenden Investitionsbedarf.“
Christoph Köster
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