Hamburgs Polizisten singen weiter im Korps

■ Massive Kritik an Polizisten und Staatsanwälten. Kommssion legt ersten Bericht vor.

Die als Konsequenz aus dem Hamburger Polizeiskandal 1998 vom rot-grünen Senat eingesetzte Polizeikommission übt massive Kritik an Polizei und Staatsanwaltschaft. Das geht aus dem ersten Bericht des Gremiums hervor, der am Dienstag im Rahmen der Landespressekonferenz vorgestellt wird. Die Bürgerschaftsabgeordnete Susanne Uhl (Regenbogen) forderte schon im Vorwege Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) auf, endlich den „Korpsgeist zu brechen“ und „die rechtsfreien Räume in Polizei und Justiz zu beseitigen“.

Über 60 Fälle hatte die Polizeikommmision in diesem Jahr untersucht. Die Beschwerden reichen von überzogenem Auftreten über Beleidigung und Hausfriedensbruch bis zur Körperverletzung. Der Kommission, die Beschwerden von Bürgern nachgeht, gehören der Kriminologe Fritz Sack, Ex-Bezirksamtschefin Ingrid Soehring und der Jurist Ralf Heine an.

Den drei Überwachern fiel auf, dass beschuldigte BeamtInnen auf Anzeigen oft mit Gegenanzeigen reagieren und dabei von der Staatsanwaltschaft „priviligiert“ behandelt werden. So registrierten die Fachleute eine regelrechte „Hierachie der Glaubwürdigkeit“. Die Retourkutschen von Polizisten werden „mit einer hohen Quote“ von der Staatsanwaltschaft mit Strafbefehlen geahndet oder sogar zur Anklage gebracht. Dagegen seien Verfahren gegen PolizistInnen zu 95 Prozent eingestellt worden. Oft würde gegen Polizisten nur oberflächlich ermittelt und die Verfahren „routinemässig“ eingestellt – selbst wenn Irritationen aufkommen müssten, weil die Berichte der Polizeizeugen „häufig bis in Formulierungen identisch ausgefallen“ sind.

Im Umgang mit Ausländern bei Kontrollen hat die Polizei nach Auffassung der Fachleute nichts dazu gelernt. So würden viele Beamte „bei angespannnten Situationen nicht die erforderliche Gelassenheit“ aufbringen, sondern hätten vielfach den Eskalantionsprozess verschärft. Auch der „Korpgeist“ ist Laut Dreier-Gremiums ungebrochen. So würden kritische Kollegen, die Missstände offen aussprechen, schnell als „unfähige Querulanten“ abgestempelt und gerieten in die Mobbing-Mühle des Polizeiapparats. Peter Müller