: Spontanes Strafen
■ Lange will Sanktionsmöglichkeiten
Schulsenator Rudolf Lange (FDP) will den Paragrafen 49 des Schulgesetzes um weitere „Sanktionsmöglichkeiten“ gegen Schüler ergänzen. „Lehrer brauchen als Respektsperson mehr Möglichkeiten, notwenige Maßnahmen spontan einzusetzen“, sagte er in einem Zeitungs-Interview. Dies sei nötig, „um die Disziplin und Lernsituation in einer Klasse wiederherzustellen“. Mit der Novellierung des Gesetzes wolle er noch im Frühjahr beginnen.
Der Paragraf 49 war zuletzt 1997 im Rahmen der Schulgesetzreform erneuert worden. „Körperliche Züchtigung und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen sind verboten“, heißt es dort. Dennoch können Lehrer, wenn das „erzieherische Gespräch“ mit dem Schüler nicht fruchtet, „Ordnungsmaßnahmen“ treffen, die bei einem „schriftlichen Verweis“ beginnen und mit der endgültigen Abschulung von nicht mehr Schulpflichtigen enden. Außerdem können Schulschwänzer mit einem bis zu 1000 Mark hohen Bußgeld belangt werden. All diesen Maßnahmen müssen Gespräche mit Erziehungsberechtigten und Lehrerkollegen vorangehen, in „dringenden Fällen“ kann aber auch der Schulleiter eine Beurlaubung verfügen.
Der CDU/FDP/Schill-Koalition reicht dies nicht aus, sie präferiert das spontane Strafen. So werden schon im Koalitionsvertrag Maßnahmen für „Schüler mit Diziplinschwierigkeiten“ verankert, „z.B. durch unmittelbar erfolgende, vo-rübergehende Entfernung aus den Unterricht, durch Nachholen von Versäumnissen am Nachmittag und durch Ergreifung von Maßnahmen nach dem Verursacherprinzip“.
Bei Eltern- und Schülervertretern stößt Langes Vorstoß auf Kritik. „Zur Respektsperson werden Lehrer nicht durch ihr Amt, sondern durch ihr Verhalten“, sagt die Elternkammervorsitzende Sabine Bick. „Es gibt Lehrer, denen tanzen die Kinder auf der Nase rum.“ Denen sei aber nicht mit Strafmaßnahmen, sondern mit Fortbildung geholfen.
Für den Schülerkammer-Vorsitzenden Hanno Schulz ist Langes Ankündigung schlicht „kontraproduktiv“: „Schüler lernen gerade dann, wenn sie motiviert sind und Spaß haben. Durch Angst vor drohenden Strafen wird eine solche Lernatmosphäre zerstört.“
Kaija Kutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen