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V steht für Vertrauens-Mann

Zwischen Informationsbeschaffung und Alimentierung rechtsextremer Umtriebe: Das Paktieren des Verfassungsschutzes mit der NPD bleibt fragwürdig

aus Berlin WOLFGANG GAST

Bis zu 100 NPD-Funktionäre sollen nicht für die „nationale Sache“, sondern auch für den Verfassungsschutz arbeiten. Die NPD ist wie keine andere der rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen vom Geheimdienst unterwandert – und das seit ihrer Gründung 1964 vor knapp vier Jahrzehnten. Es sind nicht nur kleine Lichter in Ortsvereinen oder Kreisverbänden. Es sind auch, wie die jetzt bekannt gewordenen Fälle des NPD-Mitgründers Wolfgang Frenz und des NRW-Landeschefs Udo Holtmann zeigen, ranghohe Zuträger in den Landesverbänden und im Bundesvorstand.

Der Grat, auf dem der Inlandsgeheimdienst zwischen Informationsbeschaffung, Alimentierung und Tolerieren der rechtsextremen Umtriebe wandert, ist ausgesprochen schmal. Als Leitlinie für das Führen von „Quellen“ gilt, dass die „Vertrauenspersonen“, kurz: V-Männer, nicht die „Zielsetzung oder Aktivitäten eines Beobachtungsobjektes entscheidend bestimmen“ dürfen. Darüber hinaus gilt, dass sich Spitzel grundsätzlich nicht an schweren Straftaten beteiligen dürfen. Es sind Leitsätze, gegen die in der Vergangenheit – ob im rechts- oder linksextremen Lager – immer wieder verstoßen wurde.

So spitzelte zum Beispiel Michael Grube unter dem Decknamen „Martin“ von 1997 bis 1999 für die Verfassungsschützer Mecklenburg-Vorpommerns. Grube, ehemaliger Kreisvorsitzender der NPD in Wismar, beteiligte sich im März 1999 nicht nur an einem Brandanschlag auf eine Pizzeria in Grevesmühlen. Wenige Tage zuvor hatte er auch einen Kameraden „ins Koma getreten“. Mit Wissen des Verfassungsschutzes gründete Grube die „Sozialistische Volkspartei“. Der V-Mann-Führer, wird kolportiert, war angetan davon: „In der NPD gibt es schon genug Spitzel.“

Volksverhetzer im Sold

Auch Matthias Meier war bis zum Sommer 2000 als V-Mann tätig, zeitweilig im Landesvorstand der NPD im Nordosten der Bundesrepublik. Wie der Spiegel Mitte vergangenen Jahres berichtete, hatte er versucht, eine Wehrsportgruppe aufzubauen. Mit Thorsten Crämer und Nico Wedding sollen zudem zwei weitere hochrangige Funktionäre der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationaldemokraten“ im Sold des Verfassungsschutzes gestanden haben. Wegen eines Überfalls auf eine KZ-Gedenkstätte bei Wuppertal im Juli 2000 wurden beide zu Freiheitsstrafen verurteilt.

Unter dem Decknamen „Piato“ flog vor zwei Jahren mit Carsten Szczepanski ein weiterer Spitzel auf. Szczepanski war nicht nur Leiter des Ordnungsdienstes im Landesvorstand der NPD Berlin-Brandenburg, er gehörte auch zum Umfeld der Terrortruppe „National-Revolutionäre Zellen“.

Ob die bezahlte Spitzelei mehr das Informationsbedürfnis der Verfassungsschützer befriedigt oder eher die Umtriebe der Rechtsextremen befördert – das ist, vorsichtig gesagt, ungeklärt. So lieferte beispielsweise der Rechtsextremist Mike Layer als V-Mann „Fritz“ 1996 für ein halbes Jahr dem Geheimdienst in Baden-Württemberg Informationen. Er habe nie vorgehabt, ernsthaft mit dem Amt zusammenzuarbeiten, ließ Layer Mitte vergangenen Jahres verlauten. Anfang 1997 wurde „Fritz“ abgeschaltet. Anschließend stieg er auf – bis zum stellvertretenden NPD-Landeschef. Layer soll nun in den Anlagen zum Verbotsantrag gegen die NPD aufgeführt sein. Als Beleg dafür, wie eng die NPD mit Neonazis zusammenarbeitet.

Kontakte ins Neonazi-Lager

Für Schlagzeilen sorgte auch der Fall des inzwischen ausgetretenen Vizevorsitzenden der NPD in Thüringen, Tino Brandt. Er entpuppte sich Mitte Mai 2001 als Spitzel „Otto“. Brandt, damals 26, war nicht nur führender NPD-Funktionär, er war auch einer der Köpfe der Neonazi-Truppe „Thüringer Heimatschutz“. Als Sprecher stand der Spitzel zudem der „Revolutionären Plattform“ in der NPD vor, einem Zusammenschluss von Neonazis, denen die Partei nicht radikal genug war. Im Verbotsantrag die Bundesregierung gilt der Ex-V-Mann (1994 angeworben) deshalb auch als wichtiger Beleg für die engen Kontakte der NPD ins Neonazi-Lager.

Nachdem die Affäre Brandt bekannt geworden war, warnte der ehemalige thüringische Innenminister und Sozialdemokrat, Richard Dewes, der Fall könne „negative Auswirkungen auf den laufenden NPD-Verbotsantrag auf Bundesebene haben“. Wie Recht der Mann doch hatte.

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