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: Schnellverfahren für den Krieg

Die Entscheidung über Krieg und Frieden soll künftig nicht mehr im Plenum des Bundestags diskutiert werden, sondern in einem kleinen Spezialistenausschuss. So stellt sich Verteidigungsminister Peter Struck die Zukunft der Militärmacht Deutschland vor. Ein absurder Vorschlag, denn bei kaum einer Frage gibt es so leidenschaftliche Diskussionen im Parlament wie bei den Bundeswehreinsätzen – in kaum einer Frage spielt das Gewissen des Einzelnen so eine große Rolle.

Kommentarvon CHRISTIAN RATH

Wenn solche Fragen nicht mehr von allen Abgeordneten im Plenum entschieden werden, dann ist die Bundeswehr kein Parlamentsheer mehr. Letztlich geht es Struck ohnehin nicht um Schnelligkeit. Relevante Militäreinsätze kann man nicht aus dem Stand beschließen und umsetzen. Sie benötigen Planung und Vorbereitung – schon um das Leben der Soldaten nicht unnötig zu gefährden.

Nein, Struck geht es vielmehr um die Handlungsfähigkeit der Regierung, insbesondere seiner rot-grünen Regierung. Er will die Störenfriede aus den eigenen Reihen, die Hermanns und Ströbeles, ausschalten. Denn nur bei einem Beschluss im Plenum kommt es auch auf deren Stimme an. In Strucks Expertenausschuss würden dagegen handverlesene und bekannt linientreue Abgeordnete entsandt.

Die Entscheidung durch einen Ausschuss macht nur in zwei Konstellationen Sinn. Erstens, wenn es um unwesentliche Einsätze geht, etwa die Erkundungsreise von drei Offizieren an einen möglichen Stationierungsort im Ausland. Von solchen Entscheidungen kann man das Plenum getrost entlasten. Zweitens, wenn die Bundeswehr überraschend eingreifen muss, um Menschen zu retten. In solchen Eilfällen wie 1997 in Albanien konnte bisher die Regierung zunächst allein entscheiden. Wenn hier künftig ein Ausschuss zuständig ist, wäre dies sogar eine Stärkung des Parlaments.

Im Übrigen muss die Entscheidung beim Plenum liegen. Es mag für die Regierung unbequem sein, aber erst die Möglichkeit, dass alle Abgeordneten nach ihrem Gewissen votieren können, sorgt für die legitimatorische Wirkung des parlamentarischen Verfahrens. Die Sternstunden des Bundestags sind die, in denen es auf jede Stimme ankommt und die Bevölkerung gebannt die Parlamentsdebatte verfolgt. Die Möglichkeit einer abweichenden Mehrheit ist das Salz in der Suppe des Parlamentarismus. Wer sie zu vermeiden sucht, schadet der Demokratie.

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