FDP: INHALTE SPIELEN AUF DEM WEG ZUR MACHT KEINE ROLLE: Der Gegensatz von reden und handeln
Die FDP wird sich am Wochenende auf ihrem Parteitag in Dresden unter anderem mit der Gesundheitspolitik und dem – noch immer so genannten – Aufbau Ost befassen. Will das irgendjemand wissen? Interessiert sich jemand für das, was die – noch immer so genannten – Liberalen von dem oder jenem halten? Wenn überhaupt, dann nur eine sehr kleine Minderheit. Dafür gibt es gute Gründe. Programmatische: Die FDP fordert vor allem Steuersenkungen, alles andere ist Zierrat. Und machtpolitische: Derzeit kann die FDP fordern, was sie will. Sie hat nichts zu sagen. Noch nicht. Allerdings spricht vieles dafür, dass sich das nach den nächsten Bundestagswahlen ändern wird.
Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle muss nicht mehr tun, als die Nerven zu behalten. Innerparteiliche Kritik kann er ebenso wie schlechte Wahlergebnisse in den nächsten zwei Jahren einfach an sich ablaufen lassen. Sitzt er erst einmal auf der Regierungsbank, dann werden seine Kritiker schon schweigen. Bis dahin ist es zwar nett für ihn, wenn er ein paar Erfolge vorweisen kann, aber sein politisches Überleben hängt davon nicht ab. Die Umstände der unwürdigen Kandidatenkür vor der Wahl des neuen Bundespräsidenten haben gezeigt, dass Macht nichts mit Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft zu tun haben muss.
Außerdem ist es durchaus möglich, dass Westerwelle sich demnächst mit ein paar neuen Federn schmücken darf. Es ist taktisch geschickt, die – aussichtslose – Forderung nach einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung zu einem Schwerpunkt des Parteitags zu machen. Die FDP ist bei der Europawahl nicht chancenlos. Wünsche nach direkter Bürgerbeteiligung sind bei der wachsenden Zahl derer, die sich über Demokratiedefizite innerhalb der EU seit langem ärgern, weit verbreitet. Der FDP-Vorsitzende kann hoffen, dass der Ärger darüber groß genug ist, um die Ironie zu überdecken, die darin liegt, dass ausgerechnet er jetzt ein Referendum verlangt. Also einer, der erst vor wenigen Wochen seine Privatwohnung für den geeigneten Ort hielt, um den Namen des neuen Staatsoberhauptes auszukungeln. BETTINA GAUS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen