: Besser verkorkst als ohne „Plopp“
Ein Schimmelpilz ist schuld, wenn der Weingenuss durch Korkgeschmack gestört wird. Die ungeliebten Schraubverschlüsse wären eine Alternative
Weinkenner schätzen das satte „Plopp“, wenn der Korken aus der Flasche gezogen wird. Doch für dieses Geräusch müssen sie mitunter teuer bezahlen. Dann nämlich, wenn der edle Tropfen durch den Kork verdorben wurde und muffig anstatt fruchtig schmeckt.
Es kommt jedoch nur noch selten vor, dass dem Kunden das „verkorkste“ Bouquet als stechender Geruch direkt in die Nase steigt, sobald er die Flasche geöffnet hat. Weil die Korken kaum noch mit Hypochlorit gebleicht werden, wie es noch vor einigen Jahren die Regel war. Doch dafür mehren sich Fälle von leichterer Korkbeeinflussung, die man erst dann schmeckt, wenn sich der Wein im Glas oder in der Flasche erwärmt hat. Und da auch das letzten Endes den Weingenuss trübt, ist die Branche eifrig um die Lösung des Problems bemüht.
Doch bislang ist keine abschließende Lösung in Sicht, „die vollständige Beseitigung des Korkgeschmacks“, so Agraringenieur Sven Rothaug von der Universität Hohenheim, „bleibt vorerst ein Traum“. So weiß man zwar, dass viele Korken von Schimmelpilzen befallen sind, die über ihre Stoffwechselprodukte den Weingeschmack trüben können. Doch wie man ihrer Herr werden könnte, ist noch offen, weil bei der Produktion der Stopfen mit Hitze und Feuchtigkeit gearbeitet wird, unter denen sich die Mikroben gut entwickeln können. Zwar gilt der Satz, dass Korken umso schimmelsicherer sind, je höherwertiger ihr Ausgangsmaterial ist, doch diese Materialien machen die Verschlüsse natürlich auch teuer. Ähnliches gilt für die kürzlich auf dem Markt eingeführten Korken, die mit dem Mikrowellenverfahren „Delfin“ behandelt und weitgehend frei von geschmackstrübenden Mikroben und Substanzen sind. Spitzenkorken kosten bis zu 60 Cent das Stück, und diese Investition lohnt sich nicht für eine Durchschnittslage.
Gründe genug für die Weinhersteller, sich nach Verschlussalternativen umzusehen. Wie etwa die Plastikstopfen. Sie nehmen relativ wenig Einfluss auf den Geschmack, enthalten dafür aber Lösungsmittel, die den Wein oxidieren lassen können.
Allerdings entsteht dieses Problem erst bei längerer Lagerung, für preiswertere Weine kann der Kunststoffverschluss also durchaus eine Alternative sein.
Schon länger im Gebrauch, vor allem bei schlichten Landweinen, ist der gute alte Kronkorken. Der aktuelle Favorit ist aber der Schraubverschluss aus Aluminium. Er sorgt für einen luftdichten Abschluss und verhindert die Oxidation, außerdem lässt er sich leicht öffnen und wieder verschließen. Doch auch er wird sich vermutlich kaum durchsetzen können. Weil die Kunden einfach nicht von „ihrem“ Korken lassen wollen.
Laut Umfragen von Meinungsforschern sehen etwa 90 Prozent der Konsumenten im Korken ein Qualitätsmerkmal für guten Wein. Umgekehrt sind zwei Drittel davon überzeugt, dass Weine mit Schraubverschlüssen minderwertig seien. Ein ungerechtfertigtes Vorurteil, denn Schraubverschlüsse lassen es sogar zu, dass der Wein nach dem Abfüllen weiter reifen kann. Vielleicht aber ist ja das vertraute Plopp-Geräusch der wahre Grund dafür, dass der Weinkenner nicht auf den Korken verzichten will. JÖRG ZITTLAU
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