: Museum als Fundbüro
■ „Ars Mercabilis 92“, eine amüsante Verkaufsaustellung im Gerhard-Marcks-Haus
hier der Kunstgegenstand:
Helm auf Gerüst
B.Lorenzen: BeHauptung, 1991
„In der Vorweihnachtszeit kriegt man die Leute so schwer ins Museum“, klagt die Leiterin des Gerhard-Marcks-Hauses, Martina Rudloff, fügt aber gleich hinzu: „Unsere Ausstellung ist diesmal so vielseitig und bunt, da müßte es eigentlich klappen.“
„Fundstücke“ heißt die heiter bis lustige Mischung von Keramik, Schmuck, Textil und Skulpturen, die ab Sonntag im Gerhard-Marcks-Haus präsentiert wird. Ähnlich wie bereits im Jahre 1987 wurden BildhauerInnen, GaleristInnen und diesmal vor allem KunsthandwerkerInnen eingeladen, ihre Arbeiten im Rahmen einer großangelegten Rauminstallation zum Verkauf anzubieten. Das vorgegebene Thema : „Fundstücke“ ließ genug Freiraum für verrückte Ideen und spontane Spielerein. Nahezu fünfzig KünstlerInnen beteiligen sich an der Ausstellung.
Gleich im ersten Raum der Ausstellung winden sich die bunten Tonobjekte des Potsdamer Keramikers Egon-Igor Wrobel gleich riesigen Knetgummiwürsten am Boden. Nebenan trohnt Christa Baumgärtels „Kleine Muschelkönigin“ aus Terrakotta und Muscheln, und um die Ecke stehen Robert van der Laars graue Stelzenhäuser, die er aus Bleiresten der diesjährigen Breminale zusammengenagelt hat. Die Bildhauerin Helga Föhl suchte nach Eisenteilen auf Schrottplätzen und sieht Körperformen in gequetschten Röhren und krumm gebogenen Winkeleisen.
Auch Alltagsgegenstände wie das Küchensieb aus Plastik oder die Milchtüte von Bremerland werden zum „objet trouve“. Das ist zwar nicht neu, aber nett anzusehen.
Origineller sind da die Keramik- „Fundstücke“ von Rolf Simon Weichner. der aus Ton scheinbar uraltes Gestein und Geröll entstehen läßt und auf diese Weise den Verfall vorwegnimmt.
Christa Baumgärtel, die sich selbst als „begeisterte Wegwerferin“ bezeichnet, zog nach intensiver Beschäftigung mit ihren „Fundstücken“ den Sinn des Wegwerfen überhaupt in Zweifel. In den kleinen Nischen ihres Ateliers fand sie richtige „Erinnerungsnester“, deren Inhalt sie in ihre Arbeiten integrierte und der sie zum Weitermachen animierte.
Alle im Gerhard-Marcks- Haus ausgestellten Objekte sind käuflich zu erwerben. Sie kosten zwischen 1.000 und 12.000 Mark.
Jochen Voit
Ars Mercabilis 92 — Fundstücke. Vom 15.11. 92 bis 17.1. 93 im Gerhard-Marcks-Haus, Am Wall 208. Geöffnet: Di. — So. 11.00 bis 19.00 Uhr, Do. bis 21.00 Uhr
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