: Es geht aber auch ganz anders
■ In Kornwestheim gibt's Kindergartenplätze ohne Gebühr
Im Stuttgarter Speckgürtel gedeiht dank kräftiger Steuerzahler manch wundersame Pflanze: In Sindelfingen legte man vor Jahren einen Zebrastreifen aus Carrara- Marmor in die Straße ein. In Neckarwestheim wußte man im Rathaus nicht wohin mit dem vielen Geld und baute einen gemeindeeigenen Golfplatz. In Kornwestheim wurden 1980, also schon vor 16 Jahren, die Kindergartengebühren abgeschafft...
Bisher schwieg man in Kornwestheim darüber. Erst als sich in der vergangenen Woche die badische Stadt Emmendingen brüstete, als einzige Kommune Deutschlands die Kindergartengebühren abschaffen zu wollen, meldete sich Kornwestheims Oberbürgermeister Ernst Fischer zu Wort: „Einmalig“ seien in dieser Republik nur er und sein Gemeinderat.
In Kornwestheim ist gelungen, was andernorts scheitert. Auch die Kinder ausländischer Einwohner gehen fast alle in den Kindergarten. Fast 40 Prozent der Kinder in Kornwestheim haben keinen deutschen Paß, aber einen Platz in einer der insgesamt 38 Gruppen. Dafür, daß die Gemeinde keine Gebühren erhebt, sind die Gruppen gut ausgestattet: Zwei Betreuerinnen kümmern sich in der Regel um 26 Kinder. Schon vor dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kindergartenplatz waren in Kornwestheim nahezu alle Kinder versorgt.
So viel Menschenliebe wie die Gemeinde zeigen die Kirchen in Kornwestheim nicht. Sie bestehen in ihren Kindergärten weiterhin auf Gebühren. Und weil die kirchlichen Eltern nicht benachteiligt werden sollen, zahlt auch hier die Gemeinde stellvertretend an die Kirche, was des Herrn ist.
Im badischen Emmendingen kneift man derweil noch. Zwar beschloß dort der Gemeinderat vor wenigen Tagen, grundsätzlich keine Gebühren mehr zu erheben – aber erst ab 1997 und nur, wenn man es sich da noch leisten kann. Philipp Maußhardt, Stuttgart
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