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Bayern schwieg zu lange

■ Nach Bonhoeffer will Justiz weitere Widerstandskämpfer rehabilitieren

Berlin/München/Bonn (dpa) – Die Berliner Staatsanwaltschaft will weitere zum Tode verurteilte deutsche Widerstandskämpfer rehabilitieren. Der Berliner Justizsprecher Rüdiger Reiff sagte gestern, daß die Aufhebung der Urteile unter anderem gegen den Begründer des Kreisauer Kreises, Helmuth James Graf von Moltke, und den Militärbefehlshaber in Frankreich, Karl-Heinrich Stülpnagel, beantragt worden sei. Auch der Fall gegen Claus Graf Schenk von Stauffenberg, der das Attentat auf Hitler beging, werde geprüft.

Das Berliner Landgericht hatte am Dienstag festgestellt, daß die kurz vor Kriegsende 1945 verhängten Todesurteile gegen den Widerstandskämpfer und Theologen Dietrich Bonhoeffer bereits seit 1946 aufgehoben seien. Es hatte auf ein bayerisches Gesetz aus dem Jahre 1946 verwiesen, nach dem alle in Bayern verhängten Urteile per Gesetz aufgehoben wurden.

Das Urteil hat zu deutlichen Verstimmungen zwischen den Justizministerien in München und Bonn geführt. Als „völlig unverständlich“ wies Bayerns Justizstaatssekretär Bernd Kränzle (CSU) gestern den Vorwurf von Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) zurück, die bayerische Staatsregierung habe zu spät auf die Aufhebung des Unrechtsurteils durch das bayerische Gesetz hingewiesen.

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums bekräftigte die Kritik von Schmidt-Jortzig mit den Worten: „Es hätte einiges an Diskussionen und Bemühungen erspart, wenn die Tatsache, die offenkundig seit 50 Jahren bestehe, zu einem früheren Zeitpunkt klar geäußert worden wäre.“ Kränzle betonte in München, daß die bayerischen Gesetzesblätter selbstverständlich auch im Bundesjustizministerium zugänglich seien.

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