: Dreßler träumt von Luxussteuer
■ Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ist auch in der Koalition umstritten. SPD-Chef Lafontaine will mit dem Kanzler über eine Steuerreform verhandeln. Neu in der Debatte: Sonderabgaben bei Luxusgütern
Bonn (dpa/taz) – Die von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) für 1999 angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer hat sowohl Zustimmung als auch Ablehnung gefunden. Während sich die CDU- Sozialausschüsse kritisch äußerten, schlossen Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) und FDP-Chef Wolfgang Gerhardt eine Erhöhung nicht generell aus. Vertreter des CDU/ CSU-Arbeitnehmerflügels im Bundestag sowie der SPD-Sozialpolitiker Rudolf Dreßler stellten die Einführung einer Luxussteuer zur Diskussion.
Für Schröder ist aus konjunkturellen Gründen eine Anhebung des Mehrwertsteuersatzes derzeit zwar falsch, doch dürfe eine Erhöhung nicht für alle Zeit tabuisiert werden. Gerhardt forderte in einem ZDF-Interview, vor einer Erhöhung der Mehrwertsteuer andere Abgaben, darunter die „ganz normale Lohn- und Einkommensteuer“, deutlich zu senken.
Bundeskanzler Kohl hatte am Freitag abend eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Zuge der Einkommensteuerreform 1999 als „unumgänglich“ bezeichnet. SPD- Chef Oskar Lafontaine forderte im Focus, zur Reduzierung der Sozialabgaben den Energieverbrauch höher zu besteuern. Die SPD werde über die Steuerreform im Herbst mit der Bundesregierung verhandeln. Vor allem „die Leute in den unteren und mittleren Einkommensgruppen“ müßten entlastet werden.
CDU-Arbeitnehmerflügel gegen höhere Abgaben
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christoph Bergner plädiert wie Kohl für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der großen Steuerreform. Allerdings müßten auf Grundbedarfsgüter auch weiterhin niedrigere Sätze erhoben werden, sonst drohe eine „soziale Schieflage“.
Auch Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Mayer-Vorfelder (CDU) fordert einen sozialen Ausgleich. Komme es zur moderaten Anhebung der Mehrwertsteuer von jetzt 15 Prozent, „dann sollten wir darüber nachdenken, den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent für Güter und Leistungen des Lebensgrundbedarfs zu senken“.
Gegen eine Erhöhung wandte sich die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA). Ihr stellvertretender Bundesvorsitzender Hermann-Josef Arentz sagte im Saarländischen Rundfunk, das Steuersystem müsse so reformiert werden, daß eine Anhebung nicht notwendig werde. Für den Arbeitnehmerflügel der Bonner Unionsfraktion liegt eine sozialverträgliche Lösung in höheren Steuersätzen für Luxusgüter wie Sportwagen und teurer Schmuck bei gleichzeitig niedrigeren Abgaben beispielsweise auf Lebensmittel und Zeitungen. Der CDU-Abgeordnete Wolfgang Vogt sagte der Bild am Sonntag, für Luxusgüter könne der Steuersatz 20 Prozent betragen, Waren und Dienstleistungen sollten generell mit 17 Prozent besteuert werden. Für Lebensmittel und kulturelle Güter müßten weiter 7 Prozent gelten. Ein solches gestaffeltes System sei in vielen EU-Ländern schon längst üblich. Dreßler sagte: „Wer sich ein 10.000 Mark teures Goldarmband leisten kann, der kann auch ein paar Mark mehr für die Mehrwertsteuer drauflegen.“
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