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Ganz schön atemberaubend

■ Mundwässer versprechen frischen Atem, wollen Entzündungen bekämpfen und Karies hemmen / Manche bringen gratis die Mundflora durcheinander

Der Spot lief in einer der Cannes-Rollen. Ein Mann und eine Dogge begegnen einander. Zur Begrüßung schnuppert der Hund dem Mann im Gesicht herum – und fällt betäubt um. Einblende Werbespruch: „Frischer Atem, wenn Sie ihn brauchen.“ Daneben ein Mundspray.

Frischen Atem versprechen fast alle 60 Mundwässer und Mundsprays, die ÖKO-TEST jetzt unter die Lupe nahm. Zudem rühmen sich die meisten, vor Karies zu schützen, die zahnschädigenden Bakterien zu töten und Entzündungen vorzubeugen.

So manche der frischen Wässerchen bringen dabei aber auch allerhand Unruhe in die Mundhöhle. Nur am Aroma Mundwasser (Kosmetik-Bazar), Regadont med Mundwasser-Konzentrat rot (Mann & Schröder), Retterspitz Spezial Mund- und Gurgelwasser, Vademecum med Mundwasser Konzentrat (Henkel Cosmetics) und Weleda Mundwasser hatten die Frankfurter ÖKO-TESTer nichts auszusetzen.

Unter dem Namen Mundwasser werden die verschiedensten Produkttypen verkauft. Es gibt Wässer, Konzentrate und Sprays, die einfach nur den Atem erfrischen sollen. Häufig enthalten sie zweitens entzündungshemmende Pflanzenextrakte, zum Beispiel Kamille. Drittens werden den meisten Mundwässern Fluoride zugesetzt, die gegen Karies wirken sollen. Man vermutet, daß Fluoride die komplizierte Selbstheilung der Zähne anregen. Schließlich gibt es noch die Mundwässer, die darauf angelegt sind, Bakterien zu töten. Statt von „Desinfektionsmitteln“ sprechen die Hersteller lieber etwas vornehmer von „antibakteriellen Substanzen“.

„Bakterienvernichtende Mundwässer sind Medikamente“, sagt Dr. Wolfgang Babin vom Freien Verband Deutscher Zahnärzte. Im Mund leben etwa 50 Milliarden Bakterien aus über 300 Arten, alles mögliche Schädiger, die sich jedoch gegenseitig in Schach halten. „Mit den antibakteriellen Mitteln verändert man dieses Keimspektrum, einige Arten können sich über Gebühr vermehren, und wohin das führt, ist völlig offen“, ergänzt der Frankfurter Zahnarzt, Dr. Burkhard Hahn.

Die Hersteller unterscheiden zwischen verschiedenen antibakteriellen Substanzen. Die Warnungen gälten allenfalls für Chlorhexidin, behaupten sie. Dieser Stoff wirkt stark gegen Mikroorganismen, doch er kann auch die Schleimhaut reizen, den Geschmackssinn verändern und das Gebiß verfärben. „Chlorhexidin sollte nur in Sonderfällen kurzfristig unter Kontrolle des Arztes angewendet werden“, sagt auch Professor Hans-Jürgen Gülzow von der Zahnklinik der Universität Hamburg.

Weniger problematisch soll die Substanz Cetylpyridiniumchlorid (CPC) sein. „Langzeitstudien haben gezeigt, daß die Zusammensetzung der Mundbakterien sich nicht verschiebt“, erläutert Dr. Sigrid Stiller von der Firma Lingner + Fischer. Auf Schleimhaut-Unverträglichkeiten habe man keine Hinweise. „CPC ist unter den Waschsubstanzen eines der am stärksten wirkenden Zellgifte und extrem schleimhautreizend“, sagt hingegen ÖKO-TEST-Berater Dr. Dieter Wundram.

Die beste Zahnpflege ist nach wie vor die mit Zahnpasta und Zahnseide, da sind sich Zahnärzte und Mundwasser-Hersteller einig. Wer die Beißerchen ordentlich pflegt, kommt ohne Mundwasser aus. Denn das hilft bestenfalls gegen schlechten Atem, wenn man über den Tag nicht zum Zähneputzen kommt.

Wer unter ständigem Mundgeruch leidet, sollte, statt mit Mundwasser zu spülen, lieber den Arzt aufsuchen. Allerlei Krankheiten, wie faulende Zähne, entzündete Mandeln oder Nasennebenhöhlen, aber auch Bronchitis, ein kranker Magen oder Verstopfung können als Ursache für muffligen Atem in Frage kommen.

Der Werbespot auf der Cannes-Rolle hatte eine Fortsetzung: Mann und Dogge gehen aufeinander zu, der Hund schnuppert im Gesicht des Mannes. Der Mann fällt um. Einblende Werbespruch. ÖTM

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