: Wagenburgler fühlen sich als Minderheit
■ Grüne und PDS werfen Landowsky „rechtsextremes Gedankengut“ vor
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky hat gefordert, „alle Wagenburgen in Berlin in absehbarer Zeit zu beseitigen und neue zu verhindern“. Es gebe keine staatliche Fürsorgepflicht gegenüber dieser Bevölkerungsgruppe. Nur den Wagenburglern, die ihre Lebenserfüllung darin sehen, in Wohnwagen zu leben, will Landowsky „Abstellmöglichkeiten mit Platzordnung und Nutzer-Entgeld“ anbieten – außerhalb Berlins, wo die „Beeinträchtigung der normalen Bevölkerung“ relativ gering sei. Der Staat müsse „Vagabundierende mit starkem Hang in die Kriminalität und das Hygienisch-Problematische rigoros bekämpfen“.
Der PDS-Abgeordnete Freke Over warf Landowsky „rechtsextremes Gedankengut“ vor. Michael Haberkorn, sozialpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, fühlt sich „an die Errichtung von Lagern für Asoziale während der Nazi- Zeit“ erinnert.
Die im Wagenburgen-Plenum zusammengeschlossenen Rollheimer erinnerten gestern bei einer Pressekonferenz an die Räumung eines Hüttendorfs am Kottbusser Damm anläßlich des „Dreikaisertreffens“ im Jahre 1872 und die Vertreibung von 600 Sinti und Roma während der Olympiade 1936. „Wir wollen uns keineswegs mit den Opfern des Faschismus auf eine Stufe stellen“, erklärten sie. Trotzdem gebe es Parallelen.
Dem Senat warfen die Rollheimer vor, die Wagenburgen mit Falschmeldungen zu diskreditieren. So habe entgegen einer Senatsbehauptung nach der Räumung der Wagenburg hinter der East Side Gallery kein Fall von hochansteckender TBC festgestellt werden können.
Die Wagenbewohner fordern eine vertragliche Absicherung. In mindestens neun westdeutschen Städten, wie Frankfurt oder Köln, gibt es bereits Verträge für Wagenplätze. „Wir wären zu Konzessionen bereit“, erklärte eine Wagenburglerin. „Wir wollen keinesfalls einen rechtsfreien Raum, sondern die Berücksichtigung der Wagenburgen bei der weiteren Nutzung der Grundstücke.“
Vier Wagenburgen haben sich auf dem von der Oberfinanzdirektion (OFD) verwalteten ehemaligen Mauerstreifen angesiedelt. Die OFD hat eine Räumung der Wagenplätze in Erwägung gezogen, um weitere Müllkosten zu vermeiden und Logistikflächen für Bauunternehmen einzurichten. Die OFD solle daher direkt mit den Wagenburgen Nutzungsverträge abschließen, so die Rollheimer. Bisher will die OFD dafür nur das Land Berlin als Vertragspartner. Der Berliner Senat hatte dies jedoch abgelehnt. Gereon Asmuth
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen