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Klima kippt Hochhäuser am Ostkreuz

Klimagutachten: Weil die geplante Bebauung auf der Stralauer Halbinsel die Frischluftschneise zur Stadt teilweise verbauen würde, will Umweltsenator Peter Strieder Änderungen  ■ Von Rolf Lautenschläger

Ein neues klimatologisches Gutachten soll städtebauliche Korrekturen für die Entwicklung der Stralauer Halbinsel (Friedrichshain) nach sich ziehen. Der Bericht, den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz in Auftrag gegeben hatte und der gestern vom zuständigen Senator Peter Strieder (SPD) vorgestellt wurde, empfiehlt, auf die vier geplanten Hochhäuser am Bahnhof Ostkreuz zu verzichten. Zudem müßten die Gebäuderiegel entlang der Bahntrasse durchlässiger gestaltet werden.

Außerdem kritisiert das Klimagutachten den Bau der vorgesehenen Bundesautobahn durch Treptow. Durch die hohe Bebauung und die steigenden Abgasemissionen würde die bestehende südöstliche Frischluftschneise gekappt. Für die dichtbewohnte Innenstadt könnten die thermischen Belastungen zu einer Verschlechterung des Stadtklimas führen, so die Gutachter des Deutschen Wetterdienstes (DWD).

Stadtentwicklungssenator Strieder will die Ergebnisse des Klimaberichts ernst nehmen. „Dem Gutachten muß entsprochen werden“, sagte er. Was nach Ansicht der Umweltexperten des Wetterdienstes „problematisch“ sei für die zukünftige Bebauung, „wird nicht gebaut“. Daher solle es im Bereich der Stralauer Halbinsel bei dem einzigen Hochhaus – dem „Treptower“, der derzeit für die Allianz- Versicherung hochgezogen wird – bleiben.

Die geplanten Hochhäuser am Ostkreuz, die sich wie eine Barriere vor die Luftschneise legen würden, müßten dagegen gekippt werden. Strieder: „Es ist wichtig, für die gesamte Stadt saubere Luft zu haben.“ Austauschströmungen der Luft und die für „das menschliche Wohlbefinden“ nötigen klimatischen Faktoren hätten Priorität bei der Stadterweiterung. Nach Ansicht Strieders soll das Hochhauskonzept geändert und rechtsverbindlich für den Bebauungsplan des Bezirks werden. Selbst wenn die vier Hochbauten aktuell nicht auf der Tagesordung stünden, so Strieder, „muß die klimatische Bedeutung auch noch für das Jahr 2050 gelten“.

Auf der Stralauer Halbinsel, wo die Spree, die Rummelsburger Bucht und der Treptower Park für gute „bioklimatorische Umweltbedingungen sorgen, sollen bis 2010 rund 4.000 Wohnungen und Arbeitsplätze für 12.000 Menschen entstehen. Derzeit sind rund 1.000 Wohnungen in Bau. Die Empfehlungen des Klimagutachtens können nach Angaben von Bernd Cronjaeger, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht, „in die Bebauungspläne integriert werden“, da für die betreffenden Flächen bislang erst städtebauliche Konzepte vorlägen. Zugleich fühlte sich Cronjaeger mit seiner Planung für das Areal bestätigt. Die vom niederländischen Architekten Hermann Hertzberger entworfene niedrige Süd-Nord-Zeilenbebauung befördere den Kaltluftschub vom gegenüberliegenden Treptower Park in die Wohngebiete, sagte er.

Die im 40.000 Mark teuren Gutachten angemahnte ostwestliche Belüftungsbahn sowie die Kritik an den Hochhäusern betrachtet Cronjaeger sogar als Bestätigung seiner Entwicklungspläne: Weil derzeit im Bereich Ostkreuz schon 8.000 Arbeitsplätze entstünden, wäre der Bau der Türme sowieso nicht zwingend.

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