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Starre Weltbilder prallen aufeinander

■ ... wenn St. Pauli über Drogen- und Stadtteilpolitik diskutiert

Die, die unbeirrt glauben, mit der Vertreibung von 30 oder 40 Dealern durch Polizeigewalt vom „Umschlagplatz“ S-Bahn Reeperbahn „wäre es getan“, waren da. Sie trafen auf die, die immer aufkreuzen – ob in St. Georg, Schanzenviertel oder St. Pauli – und wissen, daß eine bloße Verlagerung der Szene weder das Drogenproblem löst noch Ursachen bekämpft.

Dann gab es die Gruppe, die sich von berufs wegen mit „Drogen- und Stadtteilpolitik“ beschäftigt – S-Bahn-Wächter, Polizisten, Sozialarbeiter, Politiker. Sie alle (rund 50) nutzten die Gunst der abendlichen Stunde, ihre Positionen zum zigsten Male auszubreiten – Donnerstag beim „St. Pauli Stadtteilgespräch“. „Keine Podiumsdiskussion mit Experten“ hatte die einladende Drogenberatungsstelle Stay Alive im Sinn, sie wollte „mit den Leuten, die hier leben, reden, wie sich die Situation im Stadtteil verbessern läßt“. Dazu kam es kaum.

Erstarrte Weltbilder prallen aufeinander: „Mich stört es, wenn ich im S-Bahnhof 14jährige mit Spritzen sehe und angepöbelt werde. Und daneben diese vielen Schwarzafrikaner – für mich, ja, ich muß es sagen, sind das Neger...“ „Das reicht!“ Ein Afrikaner im Saal stürzt zum Mikrophon. „Diese Bemerkung muß zurückgenommen werden!“ Die Frau tut es nicht. Einige halten die Luft an. Solche Beleidigungen darf es nicht geben. Der Diskussionsleiter greift ein. Keine Eskalation, bitte. Alle sollen zu Wort kommen. Irgendwann geht die Frau.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, daß der Anspruch auf befriedigende Lösungen nicht unmittelbar einzulösen ist. „Nur Betroffenheit schildern und Schuldige suchen, das bringt nichts“, sagt einer. Was dann also? Politiker sind ratlos: Rolf Köpke, SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, will „den politischen Konflikt erkannt“ und für sich „erstmal Sprachlosigkeit festgestellt“ haben. Uwe Clasen (GAL Altona) will „das Problem nicht verniedlichen“. GALier Michael Herrmann eröffnet den Wahlkampf: Die SPD bekämpfe nicht die Armut, sondern die Armen. Ein Drogenberater plädiert für das Übliche: Druckräume für Junkies. Methadon für alle. Legalisierung aller Drogen. Der Leiter der S-Bahn-Wache sieht das „El Dorado für Süchtige“ schon vor sich. Er habe „kein Feindbild, das Schwarzafrikaner heißt“, beteuert er. Aber wenn sich „Reisende gestört fühlen, muß ein Verkehrsunternehmen reagieren“. Mit Hundestaffel und privatem Sicherheitsdienst zum Beispiel.

Eine Anwohnerin verweist – endlich – darauf, daß Drogen nur ein Problem unter vielen auf St. Pauli sind. Weil das so ist, sagt sie, „muß mehr Schutz für Kinder her“. Betreute Spielplätze, ein Park. Kleine Dinge eben, die das Leben im Stadtteil erträglicher machen.

Heike Haarhoff

Das Stadtteilgespräch wird fortgesetzt am 9.9., 19.30 Uhr, im Stay Alive, Davidstr. 30

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