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Scharon reaktiviert alte Pläne

■ Die Siedlungspolitik der neuen israelischen Regierung führt zu einer Kantonisierung des palästinensischen Westufers

Vor wenigen Wochen hat die neue israelische Likud-Regierung die Baubeschränkungen für die jüdischen Siedlungen auf dem Westufer aufgehoben und damit grünes Licht für ihre Erweiterung gegeben. Kurz danach bewilligte sie die Errichtung von 300 Fertighäusern für den Ausbau des Erziehungswesens und „öffentlicher Institutionen“ in verschiedenen Siedlungen des Westufers.

Die Führungsrat der Siedler am Westufer gab daraufhin einen Vierjahresplan zur Verdreifachung der Anzahl der Siedler – derzeit 150.000 – am Westufer und im Gazastreifen bekannt. Dafür sollen 120.000 neue Wohnungen errichtet werden.

Ariel Scharon, Minister für „Nationale Infrastrukturen“, veröffentlichte außerdem seine Pläne für den Bau zweier neuer „strategisch wichtiger“ Straßen am Westufer: eine nördlich von Jerusalem und die andere zur Ergänzung der Trans-Samaria-Autobahn. Diese West-Ost-Verbindung zwischen der Mittelmeerküste und dem Jordantal durchquert das Westufer und gilt dort als Bestandteil eines israelischen Kantonisierungsprojekts, das palästinensische Städte und Dörfer in kleine, von israelischen Siedlungen und Straßen umzingelte Einheiten zerschneidet. Gleichzeitig hat Scharon sein altes „5-Sterne-Projekt“ zur Erweiterung bestehender jüdischer Siedlungen und Neugründungen entlang der „grünen Linie“ zwischen Israel und dem Westufer reaktiviert.

Am Montag dieser Woche gab die Regierung bekannt, daß der Bau eines neuen großen Wohnviertels mit 900 Wohneinheiten in der bereits bestehenden und von orthodox-religiösen Siedlern bewohnten Stadt Kiriat Sefer bei Ramallah bewilligt wurde. Gleichzeitig wurde der Bau einer neuen Verbindungsstraße zwischen den jüdischen Siedlungen Kiriat Arba und Givat Harsina bei Hebron bestätigt. In diesem Zusammenhang erteilte die israelische Armee den Befehl zur Zerstörung von Häusern, in denen 23 palästinensische Familien wohnen.

In einem Interview mit der palästinensischen Zeitung Al-Quds erklärte Netanjahu, daß die Osloer Abkommen mit den Palästinensern nichts enthielten, was den israelischen Häuser- oder Straßenbau am Westufer und im Gazastreifen betrifft. In diesem Interview sagt Netanjahu auch, daß noch keine Entscheidung über den Bau neuer Siedlungen gefallen sei. Bislang hat die Regierung die Baubeschränkungen abgeschafft, die eine Vergrößerung bestehender Siedlungen entsprechend dem Bevölkerungswachstum vorsehen. Amos Wollin

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