Kleinliche bündnisgrüne Dauerfehde

■ Kritik am Haushaltsentwurf entzweit NRW-Grüne

Düsseldorf (taz) – FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle frohlockt: „Eher heute als morgen“, rechnet der Vorzeige-Yuppie in der Düsseldorfer rot-grünen Koalition „mit dem großen Knall“. Für des Liberalen gute Stimmung sorgen neofundamentalistisch agierende grüne Landtagsabgeordnete und SPD-Hardliner gleichermaßen. Das jüngste Krisenstück rankt sich um den Haushalt 1997, den Landesfinanzminister Heinz Schleußer (SPD) heute im Landtag einbringen wird.

Während die rot-grünen Koalitionspartner in Kiel ihren ersten Haushaltsentwurf just einvernehmlich präsentierten, sorgte der Düsseldorfer Entwurf prompt für Zoff. Am 2. Juli hatte das Kabinett ihn in Höhe von 89,9 Milliarden Mark mit den Stimmen der beiden grünen MinisterInnen Bärbel Höhn und Michael Vesper abgesegnet. Anders als ursprünglich geplant, sieht der Haushalt eine Steigerung der Neuverschuldung um 1,1 Milliarden Mark auf 7,1 Milliarden vor. Der Hauptgrund: Trotz mächtig reduzierter Steuereinnahmeprognosen (minus 1,8 Milliarden Mark) muß das Land 900 Millionen Mark mehr in den Länderfinanzausgleich zahlen.

In einer Stellungnahme zu diesem Entwurf geißelte der finanzpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Stefan Bajohr, Anfang August die Verschuldungspolitik von Bund und Land als „Lawine“, die die „Umverteilung von unten nach oben beschleunigt“. Weiter heißt es: „Die Abkehr des Finanzministers vom vereinbarten Konsolidierungspfad gibt dieser Umverteilungslawine neuen Schwung.“ Unter der Überschrift „Grüne gegen Schleußer“ machte das Papier sogleich Karriere in der Regionalpresse.

Als Vesper Bajohrs Kritik als längst überholt zurückwies und von einem „ganz normalen Haushaltsverfahren in koalitionsfreundlicher Atmosphäre“ sprach, fiel Fraktionsgeschaftsführer Manfred Busch per Brief über Vesper her. Zunächst belehrte Busch seinen Parteifreund, daß Bajohr in seinem Papier „im wesentlichen die Positionen der Fraktion erläutert“ habe. Schon in der letzten Legislaturperiode, so Busch weiter, „haben wir immer wieder kritisch auf die (anteilsmäßig) schrumpfenden Umweltausgaben hingewiesen; meines Wissens läßt auch der neue Haushaltsentwurf 1997 hier keinerlei Trendumkehr erkennen“. Selbstverständlich landete auch dieser Brief umgehend auf dem Redaktionstisch einer konservativen Düsseldorfer Zeitung, die sich daraus genüßlich bediente.

In der Sache selbst stellt Busch in dem Brief die Fakten auf den Kopf. So hält Umweltministerin Bärbel Höhn, einst zusammen mit Busch im Linken Forum der Partei streitend, dessen Angaben zu den Umweltausgaben schlicht für „falsch“. Höhn wörtlich: „Schon im Haushalt 1996 haben wir eine Trendwende bei den Umweltausgaben erreicht, und im jetzt vorgelegten Haushaltsentwurf setzt sich dieser Trend fort.“

Auch die Kritik an der Ausweitung der Neuverschuldung war weitgehend Schaumschlägerei. Bajohr selbst fühlt sich inzwischen gründlich mißverstanden, „denn mir ging es doch darum, aufzuzeigen, daß die Regierung in Bonn uns mit ihrer Steuerpolitik kaputt macht“. An Schleußer schrieb Bajohr einen Brief, in dem er die Presseberichte „bedauert“ und beteuert, es sei ihm nie darum gegangen den Finanzminister wegen der Ausweitung der Verschuldung anzugreifen.

Was den Grünen ihr Busch, ist der SPD ihr Fraktionschef Matthiesen. Diesmal geht es ums Polizeigesetz. Matthiesen will von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Antidiskriminierungsregel nichts mehr wissen und den vom Kabinett längst verabschiedeten und in den Landtag eingebrachten Gesetzentwurf kippen. Die Grünen erfuhren von Matthiesens Ultimatum aus der Zeitung. So produziert man in Düsseldorf rot-grüne Zerwürfnisse. Walter Jakobs