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Stromkonzerne entdecken den Markt für Wasser

■ Vereinigung der Deutschen Elektrizitätswerke erwartet Diversifizierung. Ein Leben ohne den Gas-, Strom-, Wasser- und Abfallkonzern wird fast unmöglich

Berlin (dpa/taz) – Die Einkaufslust der deutschen Stromkonzerne ist ungebremst. Dank der angehäuften Milliarden aus dem Stromgeschäft engagieren sie sich schon länger in der Entsorgungswirtschaft und der Telekommunikation. In kleinen Schritten breiten sich die Energieriesen nun auch in der Wasserwirtschaft aus. Die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) spricht von normaler Diversifizierung und sinnvollen Kapitalbeteiligungen. Wettbewerbshüter sehen keinen Handlungsbedarf. Vertreter der Wasserwirtschaft befürchten dagegen, daß sich die Stromkonzerne „Monopolregionen“ schaffen. Gas-, Strom- und Wasserversorgung sowie Abfall- und Abwasserentsorgung einschließlich der Preisgestaltung würden dann in einer Hand liegen.

Jüngstes Beispiel: Die Abwasserwirtschaft des Zweckverbandes Delitzsch in Sachsen wird privatisiert. Generalübernehmer ist die zum Energiekonzern VEW gehörende Harpener AG (beide Dortmund). Aus Sachsens Landeshauptstadt Dresden verlautet, die schon im Gas- und Strombereich tätigen Privaten würden bei der Lösung der Probleme – insbesondere Geldmangel – helfen. Dazu müsse die Holding kommunaler Unternehmen ihnen auch den Wasser- und Abwasserbereich zuschlagen. Die Partner sind: Energieversorgung Schwaben und die Hamburgischen Elektrizitätswerke (HEW). Und Partnerstadt von Dresden ist Hamburg – der HEW-Hauptgesellschafter.

Die beiden RWE-Töchter RWE Entsorgung und Hochtief wollen ein Gemeinschaftsunternehmen zur Wasserversorgung gründen. Nicht nur muß Geld angelegt werden, dem größten deutschen Stromkonzern geht es explizit auch um die Konkurrenz zu französischen Versorgungsriesen wie Lyonnaise des Eaux und Compagnie Générale des Eaux, die sich in die deutsche Wasserwirtschaft einkaufen.

Das größte Rad aber könnten die Stromkonzerne im Norden drehen. Niedersachsen hat beschlossen, seinen überregionalen Versorger Harz Wasserwerke zu verkaufen (siehe oben). Hans Christian von Steinecker vom regionalen Wasserverbandstag befürchtet, daß der Stromriese PreussenElektra auch bei der Fernwasserversorgung Elbauen-Ostharz in Sachsen-Anhalt zuschlagen will. Der frühere DDR-Wasser-und Abwasserbetrieb versorge den Raum zwischen Harz und Leipzig.

Ob über direkten Erwerb von Stadtwerksanteilen oder einen Einstieg in öffentlich-rechtliche Regie- oder Eigenbetriebe – die Stromversorger haben es nicht eilig und gehen in kleinen Schritten vor. Den finanzschwachen Kommunen kommt ein milliardenschwerer Stromkonzern gelegen, der ihnen leicht ein paar Millionen mehr bieten kann.

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