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Sechs Schüsse auf den Ehemann

■ Verurteilung einer Rastederin zu lebenslanger Freiheitsstrafe vom Bundesgerichtshof kassiert / Neuverhandlung seit gestern in Oldenburg

Heimtückischer Ehegattenmord oder Affekthandlung einer verzweifelten Frau: Um diese Frage zu beantworten, steht eine 53 Jahre alte Hausfrau aus Rastede (Landkreis Ammerland) seit gestern zum zweiten Mal vor einer Schwurgerichtskammer des Landgerichts Oldenburg. Im März 1995 war die Frau, die ihren Ehemann mit sechs Schüssen aus seinem Trommelrevolver getötet hatte, zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof kassierte das Urteil. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit sei „nicht ausreichend überprüft“ worden.

„Er war ein liebevoller, fürsorglicher und wunderschöner Mann“, schilderte die von einem Gefängnispfarrer und zwei Betreuerinnen aus dem Frauengefängnis Vechta begleitete Angeklagte, die immer wieder mit den Tränen kämpfte. Umso größer sei der Schock für sie gewesen, als der 50jährige ihr im Mai 1994 kurz nach seiner Pensionierung als Bundeswehroffizier mitteilte, er wolle sie wegen einer anderen Frau verlassen.

Er diktierte ihr einen „Vertrag“ über die Teilung des Vermögens – darunter zwei nur auf seinen Namen im Grundbuch eingetragene Eigentumswohnungen – und der wertvollsten Stücke des Hausrats. Sie habe alles akzeptiert, sagte die Angeklagte. Nur seinen Vorschlag, sie solle ihr neues Schlafzimmer gegen das kleinere seiner neuen Lebenspartnerin eintauschen, habe sie abgelehnt. Daß sie einen Job suchen sollte, damit er auch für ihre Nachfolgerin „gut sorgen“ könne und nicht so viel Unterhalt an sie bezahlen müsse, habe sie eingesehen.

Während ihrer 30 „wunderschönen“ Ehejahre als Offiziersfrau und Mutter von zwei Kindern hatte sie nur ein Jahr in einem Büro gearbeitet, dann aber gekündigt. „Mein Mann wollte eine ausgeruhte Frau“.

Der Trommelrevolver – ein illegales Souvenir ihres Mannes aus der Zeit seiner Pilotenausbildung in Amerika – lag seit seiner Pensionierung in ihrem Strickkörbchen. Als ihr Mann sie im Juni 1994 nach einem Urlaub mit seiner neuen Partnerin zu einem Gespräch aufsuchte, kam es zu einem heftigen Streit. Im Badezimmer erschoß sie ihn mit dem Revolver. Sie selbst hatte die Waffe in den Wochen davor, als sie sich mit Selbstmordgedanken beschäftigt habe, gereinigt und geölt.

An neun weiteren Verhandlungstagen sollen bis Ende September unter anderem zwei psychiatrische Gutachter gehört werden.

Karin Güthlein, dpa

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