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Zairer aus Kirchenasyl verhaftet

■ Bremer Polizei nahm Asylbewerber fest / Leiterin des Asylbundesamtes:„Gesetz ohne Ethik“

FlüchtlingshelferInnen wittern schlimmste bayerische Verhältnisse: der zairische Schützling der evangelischen Heilige-Geist-Gemeinde, Jean Nsotuna Mampouya, wurde gestern vor der Außenstelle des Asylbundesamtes festgenommen – just nachdem er seinen Asylfolgeantrag eingereicht hatte. „Das ist empörend“, sagt Pastorin Jutta Blanke. Ihr Schützling sei, nach der Verhaftung eines Afrikaners bei einer bayerischen Adventisten–Gemeinde, der zweite deutsche Fall, in dem Kirchenasyl gebrochen wurde. Denn: „Es geht nicht um Zentimeter bei der Frage, wo fängt eine Kirche an und wo hört sie auf.“ In diesem Glauben habe man vergangene Woche bewußt bekannt gegeben, wo Mampouya sich aufhielt – solange, bis über einen Asylfolgeantrag entschieden werden sollte. „Es bestand keine Gefahr, daß er untertauchen wollte“.

Entsetzt ist auch Thomas Stapke vom „Bremer Menschenrechtsverein“, in dessen Wagen der Zairer bei der „polizeilichen Blitzaktion“ vor dem Bundesamt festgenommen worden war: „Ein Streifenwagen zwang uns zum Anhalten. Ich konnte Jean nicht einmal übersetzen, was los ist“, sagt er. Auch sei der Hinweis auf das Kirchenasyl für den Zairer vom Leiter der Abschiebegruppe, Papencord, mit dem Hinweis vom Tisch gewischt worden, die Aktion sei „bis in die höchsten Gremien“ abgesprochen.

Daraus folgern Stapke und der Grüne Bürgerschaftsabgeordnete Arend Hindriksen, „daß hier kein durchgeknallter Beamter am Werk war.“ Wie Pfarrerin Blanke sieht er „diesen Vorfall in einer Linie mit zunehmenden Übergriffen gegen Kirchen in Europa, die Flüchtlingen helfen“. „Wenn Innensenator Borttscheller das Kirchenasyl für rechtswidrig hält, dann soll er doch rechtliche Konsequenzen gegen uns Kirchenleute anstrengen – und nicht gegen einzelne schutzbedürftige Menschen“, findet auch BEK-Vorstandsfrau Bärbel Ludewig.

Der Leiter der Bremer Ausländerbehörde, Dieter Trappmann, sieht die Angelegenheit weniger dramatisch: „Der Festgenommene war ausreisepflichtig“, sagt er nüchtern. Und: „Bremen hat das Kirchenasyl immer hingenommen. Der Zairer wurde außerhalb der Kirche festgenommen.“

Diese Argumentation nennen Flüchtlingsgruppen „perfide“, Mampouya habe keine Wahl gehabt: „Um den Asylfolgeantrag einzureichen, muß der Antragsteller persönlich beim Bundesamt antreten“, bestätigt auch dessen Leiterin Ulrike Bremermann. „Allerdings sind wir über Verhaftungen vor unserer Tür natürlich nicht glücklich“. Das schüchtere andere Asylbewerber ein. Daß der Hinweis über die Anwesenheit Mampouyas im Bundesamt aus ihrem Haus stammt, sei jedoch logisch: „Wer illegal hier ist, den müssen wir melden.“ Beim Zairer im Kirchenasyl sei das der Fall. „Das Gesetz hat an der Stelle keine Ethik.“ Bis zur Bundesamts-Entscheidung sei eine Abschiebung jedoch unmöglich. ede

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