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Reden statt Handeln

■ Chemieindustrie tut sich schwer mit dem Dialog

„Aber wir laden die Ökos doch immer zu unseren Diskussionsveranstaltungen ein.“ Aus der Antwort des Chemielobbyisten sprach nur Unverständnis über den Tritt vors Schienbein, den die Umweltverbände BUND und PAN der chemischen Industrie versetzt haben. Dialog sei doch miteinander reden, und geredet werde immer.

Die Ökos wiederum meinen, daß Reden kein Selbstzweck ist. Die Industrie müsse endlich die Informationen herausrücken, damit unaufgeregt über Risiken gestritten werden kann. Und der Streit dürfe nicht folgenlos bleiben. Sonst kann man das Diskutieren gleich bleiben lassen. Und in der Tat war dies die Strategie der chemischen Industrie in den vergangenen Jahren. Nachdem man sich der besorgten BürgerInnen und UmweltschützerInnen angesichts vieler Skandale nicht mehr erwehren konnte, wurde auf Schwatzen umgestellt. Seitdem spricht die Industrie mit fast jedem über fast alles. Nur Folgen darf das nicht haben. Die Entscheidung, ob ihr Geschäft, ihre Produktion zu gefährlich für die Bevölkerung sind, behalten sich die Chemiker selbst vor.

Das konnte auf Dauer nicht gutgehen. Gestern ist die Sprechblase geplatzt. BUND und PAN hatten keine Lust mehr auf Geschwätz. Kurz vor dem Werbeauftritt der Branche am Wochenende kündigten sie den Dialog auf.

Nun hat die Industrie ein Problem. Diejenigen nämlich – und es werden mehr –, die erkannt haben, daß sie ohne einen ernst gemeinten Dialog, einen, der auch Konseqenzen für ihr Geschäftsgebaren hat, nicht mehr auskommen, müssen den Kampf in der Branche nun endlich ausfechten.

Für Umweltverbände und für die Öffentlichkeit muß künftig zu unterscheiden sein: Wer immer noch meint, daß die Produktion und der Vertrieb potentiell gesundheitsschädlicher Pestizide einzig und allein das herstellende Unternehmen etwas angeht – und wer die chemische Industrie tatsächlich in die Mitte der Gesellschaft, und das heißt auch in einen folgenreichen Dialog, führen will.

Manche Manager haben erkannt, daß für die Industrie eine Zukunft nur mit der Gesellschaft zu haben ist, nicht neben ihr als Staat im Staat. Aber sie haben nicht viel Zeit. Hermann-Josef Tenhagen

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